Business & Money
Hinnerk Baumgarten
Zwischen roten Sofas und grünem Rasen
Könntest du unseren Lesern einen kurzen Einblick geben, was du aktuell machst und ein bisschen über die Hintergründe erzählen?
Hinnerk Baumgarten Natürlich, meine Haupttätigkeit ist die Sendung „DAS!“ beim NDR. Die teile ich mir jeden Tag mit meinen zwei wunderbaren Kolleginnen Bettina Tietjen und Inka Schneider. Wir interviewen von Montag bis Sonntag von 18:45 bis 19:30 Uhr live. Die Gäste auf unserem roten Sofa können Celebrities aus allen Bereichen sein, sprich Kultur, Musik, Schauspiel, Kunst und Politik, das können aber auch Wissenschaftler sein, Ärzte oder Menschen, die etwas Besonderes vollbracht haben. Das Faszinierende dabei ist, dass wir jeden Tag live sind und uns somit täglich neu auf andere Themen und auf andere Gäste einstellen müssen, können und dürfen. Wir lernen so unglaublich viele Lebensbereiche und Menschen kennen, die wir sonst möglicherweise nicht kennenlernen würden, und das ist natürlich ein großes Faszinosum.
Außerdem hast du ein Buch geschrieben und bringst auch ein Golfmagazin heraus?
Hinnerk Baumgarten Genau, „DAS!“ beim NDR ist das eine, dazu kommen ein paar andere Sendungen z.B. die Sendung „Royaler Jahresrückblick“ im vergangenen Jahr. Ich kümmere mich um diverse Themen, die beim NDR anfallen. Darüber hinaus habe ich vor anderthalb Jahren ein Buch veröffentlicht mit dem Titel „Younger sän ewer. Da geht noch was!“. Es war eine große Freude, das Buch zu schreiben. Ich habe die Befindlichkeiten des Mannes und der Generation um die Fünfzig aufgegriffen, weil ich glaube, wir ticken in dem Alter alle ein bisschen ähnlich. Mit dem Buch kann möglicherweise auch von Frauenseite her besser verstanden werden, warum wir einen kleinen Spleen haben, warum wir uns wie verändern und wie der Mann in gewisse Altersfragen hineingeht. Da passieren wunderliche Dinge.
Nebenbei gebe ich gemeinsam mit zwei Freunden ein Golfmagazin raus, das heißt Golf’n’Style. Das machen wir seit etwa fünf Jahren und haben uns erfolgreich am Markt behauptet. Das Heft liegt in nahezu jedem deutschen Golfclub aus, außerdem in Österreich und Italien. Passend dazu betreiben wir Social Media im Bereich Golf und unseren Podcast „Grün und Saftig“. Hier sprechen wir inzwischen wöchentlich über das Turniergeschehen der Profis und über andere Golfthemen. Wir sind auch bei der Porsche European Open in den vergangenen Jahren sehr engagiert gewesen. Dort haben wir mit dem Podcast das Morning Briefing gemacht und sind mit den Spielern, gerade mit der jungen Garde deutscher Spieler, sehr eng verknüpft. Es macht auf jeden Fall Spaß, im Golfbereich mitzumischen, es ist aber immer auch ein Kampf, das darf man nicht vergessen.
Lass uns jetzt noch mal einen Schritt zurückgehen: Wie bist du eigentlich zu der Medienbranche gekommen?
Hinnerk Baumgarten Das geht weit zurück und hat etwas mit Hannover zu tun. Ich habe da während des Studiums damals jemanden vom Privatradio kennengelernt. Er war ein netter Kerl und hat mich öfter mal mitgenommen. Ich habe dann erst bei FFN und später beim NDR Praktika gemacht, bis ich irgendwann bei Hitradio Antenne im Praktikum gelandet bin. Dort habe ich vom ersten Tag an Geld verdient und durfte einen Beitrag machen. Das war noch zur Zeit der Tonbänder. Ich habe 180 Mark am ersten Tag verdient und fand das ganz groß. Ich dachte, jetzt geht es richtig los. Anfang der Neunziger wurde mir dann ein Volontariat angeboten. Da ich eher der Typ „Learning by Doing“ bin und Themen lieber gerne umsetze als theoretisch verfolge, bin ich da voll eingestiegen und hab mich auf die Medienbranche gestürzt. Das hat wirklich viel, viel Spaß gemacht und ich habe einiges gelernt.
Das sind aber auch Erfahrungen, die den beruflichen Werdegang für dich geprägt haben. Gibt es dazu auch noch Idole, wie einen Radiomoderator, oder hat man sich vielleicht an jemanden wie Gottschalk orientiert?
Hinnerk Baumgarten Idole habe ich nie gehabt, weil ich nie werden wollte wie ein anderer. Ich fand Gottschalk toll, wie er das früher gemacht hat und wie er eine Veränderung ins Fernsehen gebracht hat. Ich war vielleicht ein Fan, um es so zu sagen. Ich finde seine inzwischen zur Schau getragene Alters-Klugheit nicht mehr so schön. Früher haben mich seine Unverfrorenheit und Unbefangenheit, in die Themen reinzugehen, begeistert. Das war für mich ein Auslöser, um zu verstehen, dass ich im Moderieren auch frei sein kann, egal ob im Radio oder im Fernsehen. Ich kann da frei sein, ich kann Dinge auf mich zukommen lassen. Es muss nicht immer alles geplant sein und nach Schema F laufen. Es ist sehr wichtig, sich auf die Dinge einzulassen und dann auch reagieren zu können, also Spontanität.
Dieses Learning hast du mitgenommen und umgesetzt, zum Beispiel auch bei deinem Interview mit Katja Riemann. Wenn man dich googelt, dann steuert man automatisch darauf zu. Hat das deinen Bekanntheitsgrad zusätzlich gesteigert?
Hinnerk Baumgarten Klar, natürlich, es gab ja immer mal wieder ein paar Themen, wegen derer ich auf der Titelseite der „Bild“ gelandet bin, ob es jetzt Mallorca war oder Katja Riemann. Aber bei Katja Riemann muss man einfach ganz klar sagen, das lief irgendwie komisch. Mag an zwei Personen gelegen haben, die von unterschiedlichen Sternen kamen. Aber eine Sache hat es auf jeden Fall bei mir bewirkt: Es war eine der größten und härtesten Erfahrungen in meinem Leben, die mich gewappnet hat für alles andere, was danach gekommen ist. Also, ohne da ein Urteil fällen zu wollen, wer Schuld hat, wer sich blöd verhalten hat oder wie auch immer. Es bringt für mich nichts, darüber nochmal nachzudenken. Es hat mir unglaublich viel Erfahrung gebracht und war eine gute Lektion für mich selbst. Auch als ich merkte, dass auf meinem Knopf im Ohr, wo ja sonst immer mal was gesagt wird, plötzlich komplette Stille herrschte, keiner mehr etwas gesagt hat, alle nur noch in Deckung gegangen sind. Ich habe im Nachgang die Themen dann selbst in die Hand genommen und zu mir gesagt, Hinnerk pass auf, reiß dich zusammen. Du könntest jetzt natürlich irgendwas erzählen und irgendwie nachtreten. Aber das bringt nichts, alle wollen, dass du nachtrittst, dass die Geschichte weiter am Kochen gehalten wird. Doch ich sagte mir, bring da Frieden rein, und vielleicht wird es dann irgendwann mal ein verwackeltes Bild geben, wie ich mit Katja Riemann bei einer Currywurst im Borchardt in Berlin sitze.
Das wäre doch mal was. Wenn wir nun auf die verschiedenen Projekte eingehen, an denen du arbeitest, gibt es etwas, das dir besonders am Herzen liegt? Und wenn ja, warum?
Hinnerk Baumgarten Momentan planen wir tatsächlich eine Talkshow in der Ritze zu machen. Das wird ein Versuchsprojekt, bei dem wir mal in einen anderen Talkbereich gehen und zwei unterschiedliche Pole aufeinander zukommen lassen wollen. Das wird nicht nur politisch sein, sondern thematisch auch viele andere Bereiche abdecken. Ich denke, in unserer Gesellschaft und im Fernsehen wird viel geredet, sich aber wenig zugehört und kaum gegenteilige Meinungen ausgetauscht. Das wollen wir unten im Boxring von der Ritze umsetzen. Nicht brutal, nicht reißerisch, aber wir werden interessante Pole, wie die Rotlichtwelt und die Welt von großen Firmen, aufeinanderprallen lassen und sehen, wie Menschen aus unterschiedlichen Blickwinkeln aktuelle Geschehnisse beurteilen. Daraus können wir alle bestimmt viel lernen.
Perspektiven, Ideen, Kreativität – das alles hast du genug. Aber die Medienbranche wandelt sich ja auch stark, und die Frage ist, welche Herausforderungen sie mit sich bringt. Bisher bist du ja eher im Bewegtbild unterwegs als im Print, da gibt es noch ganz andere Schwierigkeiten. Welche Hindernisse hast du in deiner Karriere überwunden und welche Herausforderungen siehst du in naher Zukunft?
Hinnerk Baumgarten Problematisch in den Medien ist, dass sich nicht nur Qualität durchsetzt, sondern oft diejenigen, die gefördert werden. Auch der Zufall spielt eine Rolle, aber generell brauchst du jemanden, der dich fördert. Davon gab es einige Menschen in meinem Leben, aber es gab auch viele, die das nicht getan haben. Deshalb ist meine eigene Standhaftigkeit für mich sehr wertvoll, das habe ich dadurch erkannt. In meiner Karriere bin ich insgesamt eher ein Long-Term-Runner als ein kurzes Blitzlicht, ich bin, was das angeht, auf einer gelassenen, stetig wachsenden Schiene.
Was die medialen Herausforderungen angeht: Der öffentlich-rechtliche Rundfunk wird sich neu aufstellen müssen, um die Akzeptanz in der Bevölkerung wiederzuerlangen. Reformen müssten her und die Kosten transparent sein. Gerade der öffentlich-rechtliche Rundfunk, mit der vorhandenen Gebührenordnung, sollte die Vielfalt der dargestellten Themen und Meinungen deutlich erweitern. Ich würde mich freuen, wenn auch in Talkshows eine viel größere Offenheit herrschen würde.
Was sind, abgesehen von den Herausforderungen, wichtige Dinge, die junge Menschen, die eine Karriere in der Medienbranche anstreben, beachten sollten?
Hinnerk Baumgarten Heutzutage gibt es durch Social Media wie TikTok, Instagram und Youtube ungeahnte Möglichkeiten. Deshalb kann ich nur immer wieder sagen: macht das, nutzt diese Möglichkeiten, zeigt euch! Wer sich nicht zeigt, ist auch nicht existent. Die klassischen Medien suchen immer noch nach Strategien, um sich weiterzuentwickeln. Zwar gibt es Strategien, aber ob diese erfolgreich sind, ist unklar, da die Media-
theken nicht unbedingt von den anvisierten Zielgruppen genutzt werden. Ein Beispiel ist Jan Hofer, der nun bei RTL ist. Er ist also einerseits ein Zugpferd für den Sender, auf der anderen Seite weiß man nicht genau, ob es sich für RTL rechnet, denn wer Jan Hofer von der Tagesschau, also aus dem Ersten kennt und sehen möchte, sucht ihn eher nicht bei RTL. Das bedeutet, dass dieses Kalkül vermutlich gar nicht aufgeht.
Die Medien rennen die ganze Zeit dem Publikum hinterher, aber ich denke, dass sie ein großes Selbstbewusstsein an den Tag legen und auf die Qualität eines Programms setzen sollten. Gerade den jungen Leuten sollte man nicht hinterherlaufen, sondern Marktlücken ausfindig machen und herausfinden, was für sie interessant sein könnte, und dann eigene Themen setzen. Ein ganz simples Beispiel: Ich bin nicht bei TikTok, überlege mir aber vielleicht, zu TikTok zu gehen, weil ich gut pfeifen kann (lacht) und ich kenne noch keinen, der bei TikTok pfeift. Das könnte klappen, ich meine, schau dir mal an, was da so los ist. Dazu möchte ich aber auch sagen, teilweise wirken Menschen aus Social Media dann in Fernsehsendungen mit, die nicht unbedingt höchstes intellektuelles Niveau haben und die werden als Idole dargestellt. Das finde ich schwierig und damit machen wir es den Medien manchmal zu einfach.
Ich finde, das ist sehr schön umschrieben. Letzte Frage: Welche Ziele hast du noch für dich?
Hinnerk Baumgarten Ich setze mir eher allgemeine Ziele, wie zum Beispiel glücklich sein. Ich habe verschiedene Projekte, die ich alle anstoßen und verfolgen werde. Aber ich weiß auch, wenn ich mir zu viele Ziele setze und zu fixiert darauf bin, dass dann die Enttäuschung vorprogrammiert ist. Meine Erfahrung ist, dass die Dinge nie so laufen, wie ich es mir vorstelle, denn es läuft immer anders. Ich finde es wichtig, darauf flexibel reagieren zu können.
Vielen lieben Dank!
Einen Kommentar schreiben