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Frederik Paulsen Jun.
Vom Pol nach Föhr und zurück
Herr Paulsen, was interessiert Sie im Leben?
Frederik Paulsen Sich immer wieder durch neue Herausforderungen zu beweisen! Sich selber herausfordernde Ziele zu setzen und diese dann hartnäckig zu verfolgen, das gehört ebenso zu mir wie Neues und Unbekanntes zu entdecken. Mich hat schon immer das besonders Schwierige interessiert. Das, was andere nicht wollen. Ich bin neugierig und das Leben ist so bunt und vielfältig. Auszuprobieren, was in einem steckt, spornt mich an. Dinge gestalten und verändern, jedes Projekt pflanzen und es wachsen lassen, manches vertrocknet, anderes entwickelt sich prächtig, ohne dass man es geahnt hätte. Ich fühle mich als jemand, der viel Glück hat in seinem Leben, dankbar sein, etwas davon zurückgeben und Freiheiten haben, das ist was mich im Leben glücklich macht.
Was war Ihre erste große Herausforderung?
Frederik Paulsen Meine erste große Herausforderung erlebte ich im Alter von 32 Jahren, als mir mein Vater die Leitung seines Unternehmens Ferring übergab. Ich stand alleine an der Spitze und musste entscheiden. Ich baute Ferring zu einem multinationalen Unternehmen auf. Aber ich habe nie aufgehört mich an die Wikinger-Geschichten meiner schwedischen Kindheit und an meine Neugierde auf unbekannte Länder zu erinnern.
Welcher Art war der Einfluss Ihres Vaters auf Sie?
Frederik Paulsen Mein Vater hat mit gefühlssicheren Methoden ein weltweit führendes Unternehmen der Pharmaindustrie geschaffen. Fragte man ihn nach dem Schlüssel seines Erfolgs, so antwortete er, dass man nicht die möglichen Gewinne im Blickpunkt haben dürfe. Seine Worte waren „Die wirklichen Erfolge sind immer glücklichen Umständen zu verdanken.“ Ich habe meinen Vater als einen außergewöhnlichen Menschen in Erinnerung. Er war ein durch und durch geistiger Mensch, ein Humanist.
Ihre Familie stammt von der nordfriesischen Insel Föhr. Welche Bedeutung hat Föhr für Sie?
Frederik Paulsen Zu Föhr gibt es eine enge familiäre und persönliche Bindung. Mein Großvater wurde auf Föhr geboren, mein Vater hat sich bis zu seinem Tod für die friesische Sache engagiert und auch friesisch gesprochen. Auf Föhr habe ich meine Wurzeln, meine Kinder lieben diesen Teil von Schleswig-Holstein besonders. Es ist unser aller Rückzugsort. Dies ist eine wunderbare Hinterlassenschaft meiner Eltern. Wenn ich sagen sollte, wo für mich Heimat ist, dann ist es sicherlich geographisch gesehen, auch Föhr. Föhr zieht mich an. Mein Vater fühlte sich so verbunden mit der Insel Föhr und seinem Einsatz für die Minderheiten, dass er 1988 eine Stiftung zum Erhalt der friesischen Kultur gründete, die heute besonderen Schwerpunkt auf die friesische Sprache legt.
Was war der Impuls für Ihr museales Engagement auf der Insel Föhr?
Frederik Paulsen Etwas für die Menschen tun, Erinnerung auf aktuelle Art lebendig halten, einen neuen zentralen Punkt auf der Insel schaffen und auch den Tourismus stärken und ein Zeichen setzen. Es werden überwiegend Seestücke gezeigt, die dem Aktionsradius der Föhrer Seeleute entsprechen. Mich hat es gereizt, auf der Insel ein Museum aufzubauen und zu sehen, ob es angenommen wird – und siehe da, jetzt sind 10 äußerst erfolgreiche Jahre vergangenen und das Museum erfreut sich nicht nur regionaler Beliebtheit – gleichermaßen wird es auch angenommen von den Insulanern – es ist „ihr“ Museum – das habe ich erreichen wollen. Ich habe ja auch in Bhutan ein Museum gebaut – das hat einen ähnlichen Effekt auf die Menschen.
2009 haben Sie sich entschieden, sich im Weinbau zu engagieren. Warum? Dies ist nicht ungewöhnlich – aber warum ausgerechnet auf Föhr – mit Nordseeklima?
Frederik Paulsen Weinanbau ist eine meiner Passionen. Ich betreibe ihn in Österreich und in Georgien. Darüber hinaus ist schon länger erkennbar, dass Wein auch in Norddeutschland erfolgreich angebaut werden könnte. Warum dann also nicht auch auf Föhr? Wir investieren in die Zukunft – ein Projekt, dass auch den Klimawandel auf der Insel einläutet. Ich bin der festen Überzeugung, dass das Weingut weiter wachsen wird und in Zukunft eine kleine aber sehr feine Auswahl ausgesuchter Weine professionell produzieren kann. Der Wein verkauft sich gut und wir sind immer schnell ausverkauft. Die Dänen haben es uns vorgemacht, auch in England wird Wein angebaut, warum nicht auf Föhr? Nur weil es als Weinanbaugebiet nicht ausgewiesen ist, heißt das nicht, dass hier nichts wächst. Die Friesen darf man nicht unterschätzen.
Klima ist ein wichtiges Stichwort. Das Thema hat Ihr Leben offenbar mitgeprägt. Es war jahrhundertelang eine Föhrer Tradition, dass die Nordmeerfahrer Ende Februar wieder in die Walfanggründe aufbrachen. Sind das auch Ihre Spuren? Der Aufbruch ins Polarmeer?
Frederik Paulsen Das kann schon sein! Ich habe auch als Kind schon immer gerne Wikingerbücher gelesen. Und ich habe großen Respekt vor den persönlichen und navigatorischen Fähigkeiten der frühen Nordmeerfahrer. Mit der Ausrüstung der damaligen Zeit und dem persönlichen Einsatz für Leib und Leben der Mannschaft können jene auch heute in jedem Managementlehrbuch als positive Beispiele für Menschenführung Eingang finden.
Sie sind wahrscheinlich der einzige Mensch, der alle acht Pole besuchte. Sind Sie im Herzen ein Abenteurer, Forscher, Draufgänger, Polarmäzen oder woher kommt diese Begeisterung für Polarexpeditionen?
Frederik Paulsen Expeditionen sind meine Leidenschaft. Die Entbehrungen und die Sehnsucht auf eine glückliche Heimkehr nach einer erfolgreichen Fahrt sind archaische Gefühle, die man in Extremsituationen auf diesen Fahrten erlebt. Sie werden aber nie aus persönlichem Selbstzweck durchgeführt – wir führen die Expeditionen mit wissenschaftlichem Ziel durch. Publikationen, Erkenntnisgewinn und ein Weiterkommen in wissenschaftlichen Fragestellungen muss das Ziel sein. Ich betone nochmals, wir machen keine Kreuzfahrten gelangweilter alter Männer in exotische Gewässer.
Auf Ihre Initiative geht die Gründung des Schweizer Polarinstitut SPI zurück. Was treibt Sie an, dieses Institut und andere wissenschaftliche Einrichtungen zu finanzieren?
Frederik Paulsen Wenn jemand so viel Glück und auch wirtschaftlichen Erfolg in seinem Leben gehabt hat, dann hat er damit die einzigartige Möglichkeit etwas zurückzugeben. Geld ausschließlich für die eigenen Bedürfnisse zu verwenden ist langweilig und ich bin so erzogen, dass man teilt. Ein sozialistischer Wesenszug bei einem Kapitalisten, das Geld in bester Manier verwendet – für andere oder das Gemeinwesen. Zugegeben, das Einzige, was ich mir erlaube ist die Auswahl der Projekte und Verwendungsmöglichkeiten der Förderung.
Wann haben Sie Ihre Leidenschaft für das Eis entdeckt und welches war Ihre erste/eindrucksvollste Reise?
Frederik Paulsen Ich machte mich auf, eisige Welten zu entdecken. Im Frühjahr 2001 fuhr ich das erste Mal zum Nordpol und stellte fest, dass die Erde noch weitere Pole barg, den nicht ortsfesten, wandernden Magnetischen Pol, den stabileren Geomagnetischen Pol und den Pol der Unzugänglichkeit. Da die Welt aus zwei Hemisphären besteht, haben diese „vier Nordpole“ ihre Zwillinge im Süden, in der Antarktis. Ich habe mir dann selber die Herausforderung gestellt als erster Mensch die acht Pole des Planeten zu erreichen – und das habe ich dann auch geschafft. 13 Jahre und 10 Expeditionen später war es soweit.
Sie sind Mitglied der beiden exklusivsten Clubs denen Forscher, Abenteurer und Polarreisende angehören können, der Russischen Geographischen Gesellschaft und dem amerikanischen Explorer’s Club. Was bedeutet das für Sie?
Frederik Paulsen Es zeigt, dass ein neutraler Schwede durchaus in den renommiertesten Gesellschaften Russlands und der USA vertreten sein kann. Für mich persönlich ist es eine Auszeichnung, eine Würdigung der wissenschaftlichen Leistungen der mitgereisten Forscher und eine Ehrung der Mühen und Entbehrungen. Ich genieße diese Mitgliedschaften sehr und schätze die Zusammenkünfte und den Austausch der Mitglieder. In der Russischen Geographischen Gesellschaft gibt es überhaupt nur drei Mitglieder, die Ausländer sind: der Chef von British Petroleum, Prinz Albert von Monaco und ich.
Sie sind Gründer der Foundation Mamont Explorers Club World Exploration Challenge, die außergewöhnlich wertvolle wissenschaftliche Expeditionen unterstützt. Wie schaffen Sie es, all diese großen Projekte unter einen Hut zu bringen?
Frederik Paulsen Das kann nur mit einem erstklassigen, professionellen Team gelingen. Zudem muss man unbedingtes Vertrauen zueinander haben. Wir alle teilen die gleiche Leidenschaft und Neugierde, das spornt an und treibt. Die Ergebnisse sprechen für sich und die Wissenschaft ist wie seit jeher auf die großzügige Förderung unabhängiger Dritter angewiesen.
Teilen Ihre Kinder Ihre Leidenschaften, besonders für die Polarregionen?
Frederik Paulsen Meine Familie muss Verständnis haben, nicht alle teilen meine Leidenschaft. Meine Söhne sehr, wir unternehmen gemeinsam Expeditionen und haben sehr viel Freude daran. Für die Frauen meiner Familie scheint es dagegen in diesen Regionen einfach zu kalt zu sein.
Warum ist Russland eine solch bedeutende Polarnation und was bedeutet Ihnen die Mitgliedschaft in der Russischen Geographischen Gesellschaft?
Frederik Paulsen Russland hat schon wegen seiner fast endlosen Küste zum Polarmeer eine traditionell sehr enge Bindung zur Polarregion. Für das russische Selbstverständnis ist das von erheblicher Bedeutung. Zudem gab es eine Reihe von berühmten Polarforschern in russischen Diensten wie beispielsweise den auch hier bekannten Ferdinand Baron von Wrangel.
Herr Paulsen, eine letzte Frage: Was war der gefährlichste Moment bei einer Ihrer Reisen?
Frederik Paulsen Der gefährlichste Moment war, als wir 2007 beim Tauchgang zum geographischen Nordpol mit dem Mini-U-Boot Mir 2 im Auftauchvorgang die Lücke im Packeis verfehlten – es drohte uns buchstäblich die Luft auszugehen. Aber wir haben auch diese Situation mit Ruhe und Besonnenheit erfolgreich gemeistert.
Herr Paulsen, wir danken Ihnen.
Kommentare
Kommentar von Schaefer Timm und Renate |
Einfach unglaublich
Fantastisch
Bewundernswert
Was für eine großartige Biografie
Bleiben Sie Behütet
Kommentar von Ehlers, B. |
Moin, moin, einfach nur vorbildlich.
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