Fashion & Lifestyle
New ways of working
Trust and Inspire
Du hast dich als erfolgreicher Werber etabliert und bist heute ein Vorreiter für New Work. Und was hat dich zu diesem Wandel bewogen?
Dr. Michael Trautmann Das war im Prinzip eine zum zweiten Mal gescheiterte Partnerschaft. Das klingt jetzt erst mal ein bisschen merkwürdig, weil die erste Agentur Kemper Trautmann, aus der dann ja thjnk wurde, sich ja sehr erfolgreich entwickelt hat: Von 0 auf 250 Mitarbeitende, dann umbenannt auf thjnk und dann nochmal von 250 auf 500 Mitarbeitende. Aber ich bin eigentlich zweimal an Grenzen geraten in der Partnerschaft. Beim ersten Mal, als André und ich irgendwie festgestellt haben, es funktioniert nicht mehr so gut, habe ich mich dicknasig als den Guten gesehen und André als den Schwierigen und deswegen mussten wir uns trennen. Das sehe ich heute anders und wir beide sind auch wieder fein.
Und dann, als ein paar Jahre später die neuen Partner auch irgendwie sagten, wir können uns eigentlich ganz gut vorstellen, die Firma ohne dich weiterzuführen, da habe ich mich das erste Mal gefragt, okay, kann das vielleicht an dir selber liegen oder Gründe geben, die mit dir zu tun haben? Damit hat eine Selbstreflexionsreise angefangen, die auch durch den Podcast nochmal befeuert und ergänzt wurde. Und daraus ist dann eine totale Begeisterung für das Thema, wie können wir eigentlich Zusammenarbeit anders organisieren, besser und stärkenorientierter machen, entstanden.
Einer der Fehler, die ich gemacht habe, mich immer an den Schwächen der anderen abzuarbeiten, das haben die genauso bei mir gemacht. Von daher sehe ich die Verantwortung für das Scheitern auf beiden Seiten gleich verteilt. Der Podcast „On the Way to New Work“, den ich zufällig zeitgleich gestartet habe, weil wir Büros gebaut haben und ich gemerkt habe, Arbeit ändert sich, und diese beiden strengen Selbstreflexionen haben mit meinem Interesse für die Zukunft der Arbeit dann dazu geführt, dass auch der Beruf - Wie kann ich die Zukunft der Arbeit gestalten - entstanden ist.
Du hast also viel im Team gearbeitet, jetzt bist du eher alleine tätig. Wo liegt jetzt dein beruflicher Schwerpunkt und was treibt dich zusätzlich an?
Dr. Michael Trautmann Also, ich bin nicht allein, wir sind ein Zweier-Team. Swantje Allmers, mit der ich die NWMS GmbH zusammen gegründet habe, ist meine Co-Founderin und unser CEO. Sie ist auch Co-Autorin unseres Buches, das aus einem Podcast entstanden ist. Die ist noch unterschiedlicher, als alle meine Partner vorher waren, aber ich habe eben mittlerweile gelernt, dass das etwas Großartiges ist, wenn wir Vielfalt im Arbeitsleben haben, wenn wir unterschiedliche Talente mit an den Tisch bringen. Und die Motivation, die mich nach 20 Jahren Unternehmer und davor 10 Jahren Manager immer noch morgens aufstehen lässt, ist, dass ich mit der Arbeit, die ich jetzt machen kann, wirklich Menschen helfen kann, glücklicher, effektiver, effizienter, produktiver und erfolgreicher beim Thema Arbeit zu sein.
Deine Firma New Work Master Skills unterstützt Unternehmen in der Weiterentwicklung ihrer Mitarbeiter und Strukturen im Kontext von New Work. Was sind die ersten Schritte der Entwicklungsprozesse?
Dr. Michael Trautmann Also der ganz große Schwerpunkt unserer Arbeit ist, dass wir Trainings konzipieren, zum Beispiel Leadership-Führungskräfte-Trainings, wo wir Unternehmen dabei helfen, sowohl junge als auch erfahrene Führungskräfte auszubilden. Wir glauben nämlich nicht daran, dass Führung eine Gottesgabe ist. Ja, es gibt Menschen, die bestimmte Talente haben, aber im Wesentlichen geht es bei Führung um das Beherrschen eines Instrumentariums und das ist bisher vernachlässigt worden. Viele Menschen werden Führungskräfte, weil sie einen Job gut können oder weil sie lange in einer Firma sind und werden dann nicht ausreichend ausgebildet, auch wenn es natürlich Ausnahmen gibt. Das ist für uns der Ansatzpunkt, die Einflugschneise. In unseren eigenen Programmen kommen Menschen über eine Zeitraum von 10 Monaten insgesamt vier mal für 3 Tage in Präsenz zu uns. Oft ist es so, dass sie dann fragen, ob wir als nächstes in die Firma kommen.
Total verständlich. Wenn man im obersten Management jemanden einstellt, geht man dann nicht davon aus, dass derjenige nicht nur eine fachliche Qualifikation hat, sondern auch Führungstalente mitbringt?
Dr. Michael Trautmann Ja, sollte man annehmen. Es gibt insgesamt aber zu wenig Ausbildungen und vor allem kein einheitliches Verständnis darüber, was Führungskräfte mitbringen sollen. Talent ist eine Sache, aber Kompetenzen und richtige Skills, um zu führen, hat nicht jeder. Bin ich in der Lage, klar zu kommunizieren? Kann ich gut und effektiv Feedback geben? Kann ich die mir anvertrauten Leute coachen? Bin ich in der Lage, Zusammenarbeit zu organisieren? Kann ich psychologische Sicherheit im Team kreieren? Das sind alles Sachen, die nicht jede Führungskraft kann und es gibt auch ein großes Missverständnis darüber, wie Führungskräfte eigentlich agieren sollen. Der Trend geht von Command and Control hin zu Trust and Inspire, sodass du als Führungskraft Leute empowerst und durch Coaching in die Lage versetzt, ihre Dinge selber zu lösen.
Das ist gerade ein großer Mindshift und auch etwas, was mit der New Work-Idee mitkommt. Daher ist es für erfahrene Führungskräfte mit Talent und Expertise absolut sinnvoll, ihre Führungskompetenzen zu hinterfragen und zu prüfen, ob ihre Methoden noch zeitgemäß sind.
Kann man sagen, dass ältere Menschen tendenziell eher zu hierarchischem Führen und stärkerer Kontrolle neigen, während jüngere Menschen, durch ihre universitäre Ausbildung und modernere Arbeitsweisen, ein kooperativeres Miteinander bevorzugen?
Dr. Michael Trautmann Das ist eine sehr interessante Frage. Ich denke, man kann durchaus beobachten, dass unterschiedliche Altersgruppen verschiedene Führungsstile prägen – das ist absolut zutreffend. Ebenso gibt es signifikante Unterschiede zwischen Branchen. In stark prozessorientierten Bereichen, wie der Zuckerproduktion oder in Erdölraffinerien, wo klare und strukturierte Prozesse notwendig sind, tendieren die Führungsstile oft zu Autorität und Prozessorientierung. Im Gegensatz dazu haben Kreativbranchen wie Verlage, Medien oder Agenturen schon vor 30 Jahren auf mehr Eigenverantwortung und die Möglichkeit zur Selbstverwirklichung gesetzt. Deine Beobachtung ist also richtig: Unterschiedliche Altersgruppen, Industrien und Kulturen bringen jeweils ihre eigenen Führungsstile hervor.
Es gibt auch ganz interessante Beobachtungen. Zum Beispiel hatte die Firma Microsoft in ihrer Geschichte drei sehr unterschiedliche CEOs: Zunächst Bill Gates, der visionäre Co-Gründer mit einer nerdigen Ausstrahlung. Dann Steve Ballmer, ein extrovertierter Verkäufer, der für seine leidenschaftlichen Auftritte bekannt war und sein Team forderte und herausforderte. Schließlich Satya Nadella, ein eher introvertierter Führungstyp, der seinen Managern das Buch „Gewaltfreie Kommunikation“ von Marshall Goldsmith schenkte, um die Unternehmenskultur in Richtung mehr Wertschätzung und respektvollen Umgang zu verändern. Trotz dieser völlig unterschiedlichen Führungsansätze war Microsoft unter allen drei CEOs erfolgreich – und das in derselben Branche. Jeder von ihnen hat es geschafft, das Unternehmen zur wertvollsten Firma der Welt zu führen.
Nochmal zu dir: Wir treffen uns heute bewusst in so einem Co-Working-Space. Was ist für dich das perfekte Arbeitsumfeld?
Dr. Michael Trautmann Ich bin jemand, der sehr stark abwechselnde Reize braucht. Ich habe ein wirklich ganz tolles Homeoffice, in dem ich aber nur arbeite, wenn ich absolute Ruhe brauche. Ich brauche Menschen und glaube sehr an das Büro als Begegnungsstätte. Bei mir hat es ein bisschen damit zu tun, dass ich neben der NWMS GmbH noch so ein paar Beteiligungen habe. Hier im Co-Working-Space sitze ich zum Beispiel ein Stockwerk über HYROX, das Unternehmen, das ich mitgegründet habe. Dieses Konzept nennt man Activity-Based Workspace, also die Gestaltung von Büros, die auf die jeweilige Tätigkeit zugeschnitten sind – sei es für konzentrierte Einzelarbeit, Gruppenarbeit, Diskussionen oder Präsentationen. Ich entscheide morgens, welcher Ort für meine Aufgaben am besten passt: Wenn ich mit Swantje zusammenarbeite, bin ich in ihrem Büro. Brauche ich Inspiration oder neue Impulse, arbeite ich hier im Co-Working-Space, wo viele inspirierende Menschen sind. Und wenn ich absolute Ruhe brauche, ziehe ich mich ins Homeoffice zurück.
Michael, in deinen Vorträgen sprichst du von der Prophezeiung, dass Menschen in Zukunft nur noch vier Stunden am Tag arbeiten werden.
Wie entsteht der Gedanke und wie stellst du dir das neue 9 to 5 und das Arbeitsmodell der Zukunft vor?
Dr. Michael Trautmann Das ist nicht meine These, sondern ich erzähle gerne, dass es diese These gibt. Ich sehe das auf absehbare Zeit allerdings noch nicht. Ich glaube, dass das irgendwann mal der Fall sein kann, wenn die Entwicklungen im Bereich künstlicher Intelligenz und Robotik weitergehen. Im Moment sehe ich es eher als ein Thema, dass wir zu wenig arbeiten und auch zu wenig arbeiten wollen in Deutschland. Ich glaube nicht an die Vier-Tage-Woche als Pflichtprogramm. Ich glaube gar nicht an die Vier-Tage-Woche bei vollem Lohnausgleich. Woran ich hingegen glaube, ist die Flexibilisierung von Arbeit. Es ist großartig, dass junge Paare heutzutage sagen können, dass sie beide jeweils dreieinhalb Tage arbeiten, um Zeit für ihre Kinder zu haben. Ich bin ein großer Befürworter, vier Stunden am Tag zu arbeiten, wenn es die Lebensphase erfordert, und ebenso ein Freund davon, auch mal zehn Stunden am Tag zu arbeiten, wenn man dazu Lust hat. Flexibilität ist der richtige Ansatz. Ein interessantes Modell, das oft zitiert wird, stammt von Frithjof Bergmann. Er prognostizierte, dass Menschen in der Zukunft nur ein Drittel ihrer Zeit für Lohnarbeit aufwenden, ein weiteres Drittel für Dinge, die sie selbst machen, wie Urban Gardening oder die Herstellung eigener Produkte mit 3D-Druckern, und das letzte Drittel für das, was sie wirklich erfüllt – also Arbeit, die ihrem innersten Purpose entspricht. Das ist eine schöne Utopie. Ich glaube, dass wir in Zukunft viele Erwerbsbiografien sehen werden, die aus verschiedenen Elementen bestehen. Beispielsweise jemand, der talentierter Journalist ist, aber auch gerne moderiert oder einen Podcast macht, könnte sein Berufsleben so gestalten, dass er all diese Interessen in Einklang bringt.
„Die Verantwortung dorthin geben, wo auch das Wissen ist” hast du mal gesagt. Welche Aufgaben gibst du gerne ab, weil du weißt, dass sie an anderen Stellen besser aufgehoben sind?
Dr. Michael Trautmann Das ist ein ganz wichtiger Satz. Wir hatten mal einen Podcast-Gast, der gesagt hat „Alle Leute, die ich eingestellt habe, können das, warum ich sie eingestellt habe, besser als ich.“ Bei Führung geht es darum, Räume zu öffnen, Brocken aus dem Weg zu räumen, aber die Menschen ihre Arbeit machen zu lassen. Alles, was mit Detailarbeit, Routinen oder Abrechnungen zu tun hat, überlasse ich gerne anderen – Menschen, die das lieber machen und besser können als ich. Mir liegt vor allem das konzeptionelle und kreative Arbeiten. Ich liebe es, Ideen zu entwickeln, und es bereitet mir große Freude, mit Menschen zu arbeiten – sei es in Workshops oder auf der Bühne, wo ich mein Wissen weitergeben kann. Das sind die Tätigkeiten, die mir wirklich Energie geben.
Kannst du mir kurz zusammenfassen, warum du das tust, was du tust?
Dr. Michael Trautmann Ich habe das Gefühl, dass ich durch meine Arbeit meinem Wesenskern näherkomme. Es bereitet mir große Freude, Menschen zu inspirieren und zu ermutigen, aus ihrer Komfortzone auszubrechen und sich persönlich weiterzuentwickeln. Das kann ich mittlerweile als Trainer, Coach und Berater am besten.
Du erneuerst dich ja permanent in dem was du tust. Wie erhältst du mit den verschiedensten Einflüssen im Leben deine Motivation und was inspiriert dich, ständig diese Herausforderung neu anzugehen?
Dr. Michael Trautmann Das kann ich mit meinem Stärkenprofil erklären. Ich habe viele Talente, die auf Neugier und Wissbegierde ausgerichtet sind. Dazu gehören Stärken wie Input, bei dem ich Ideen sammle, die ich beobachte, sowie Vorstellungskraft und strategisches Denken. Und dann habe ich noch Stärken, die mich sehr stark ins Doing bringen. Im Englischen sind das die 3 A: Arranger, Activator und Achiever. Arranger heißt, du willst Teams und Prozesse aufbauen. Activator heißt, du willst sofort loslegen. Und Achiever heißt, du hast eine Leistungsmotivation. Dazu kommt positive Energie. Die Mischung aus diesen Talenten führt dazu, dass ich einfach ganz große Lust habe, immer wieder neue Dinge anzufangen, Menschen in Bewegung zu bringen. Und ich kann das jetzt in dem Job, den ich jetzt habe, machen, ohne einen anderen Job oder das Feld zu wechseln, in dem ich mit neuen Menschen, neuen Firmen oder neuen Konstellationen arbeite.
Eine neue Konstellation ist ja, dass du Mitbegründer bist bei HYROX. Wie lässt sich dieses Konzept auch auf die Arbeitswelt übertragen?
Dr. Michael Trautmann HYROX habe ich mitgegründet, führe es aber nicht operativ. Ich finde großartig, was wir dort geschafft haben: Einer Sportart, die keine Wettbewerbe hatte, obwohl sie wahnsinnig groß ist, einen Wettbewerb zu geben. Es gibt da draußen immer noch den Blue Ocean, also etwas, wo es nichts gibt. In Deutschland haben Fitnessstudios die größte Mitgliederzahl unter den Sportarten, während es viel mehr Fußballligen gibt als Wettbewerbe im Fitnessbereich. Das zeigt, dass es Möglichkeiten gibt, neue Märkte und Gelegenheiten zu erkunden. Für mich ist auch der Hybrid-Ansatz dabei besonders spannend: Die Kombination von Ausdauer- und Krafttraining ist eine der effektivsten Methoden, um den Körper ganzheitlich zu fordern. In diesem Kontext kann man beobachten, wie jungen Leuten frühzeitig Verantwortung übertragen wird. In den letzten Jahren haben einige wirklich beeindruckende Karrieren in diesem Umfeld stattgefunden. Man kann in diesem Unternehmen viel lernen, doch die Hauptverdienste gebühren klar Christian und Moritz, die das Unternehmen operativ leiten.
Spielt HYROX für dich persönlich in deiner Life-Balance eine besondere Rolle?
Dr. Michael Trautmann Ja, auf jeden Fall! Ich habe bereits an einigen Wettbewerben teilgenommen und mich sogar zweimal für eine Weltmeisterschaft qualifiziert, an der ich aus Zeitgründen jedoch nicht teilnehmen konnte. Mein Ziel ist es, einmal bei der Ü60-Double-Weltmeisterschaft von HYROX mitzumachen. Den Lifestyle, der mit funktionalem Training verbunden ist, pflege ich bereits länger, als es HYROX gibt. Das Wechselspiel zwischen Ausdauer- und Krafttraining spielt dabei eine große Rolle und entspricht dem, was diese Zielgruppe schätzt – ein gesundes und aktives Leben. HYROX ist eine tolle Begleitung. Immer wenn ich auf Instagram oder LinkedIn Beiträge dazu sehe, denke ich: „Das gehört zu deinem Lifestyle.“ Und dann kommt mir der Gedanke, dass ich vielleicht mal wieder ins Studio gehen sollte. Es motiviert mich sehr!
Du hast unzählige Preise mit Agenturen und für dich selbst gewonnen: Top 40 under 40, Agenturmann des Jahres, LinkedIn Top Voice - Ich könnte immer weiter vorlesen. Hast du konkrete Ziele in den nächsten Jahren?
Dr. Michael Trautmann Nein, ich brauche keine Preise und Listen. Mein großes Ziel ist es, vielen Menschen zu helfen, einen positiven Zugang zur Arbeit zu finden. Ich habe das Privileg, große Teile meines Lebens sehr glücklich gearbeitet zu haben, immer mit dem Gefühl, mein Talent gut einsetzen zu können. Das Großartige ist, dass sich dieses Gefühl mit dem Alter sogar noch verstärkt hat, und das möchte ich generationsübergreifend weitergeben. Ein neues Projekt, das ich gestartet habe, ist ein Podcast, den ich mit meinem 28-jährigen Sohn mache. Ich hoffe, dass wir das noch lange fortsetzen können. Ansonsten möchte ich, dass mein Berufsleben so weitergeht. Ich habe den Wunsch, mindestens ein weiteres Buch zu schreiben und das, was ich tue, ständig zu verbessern und weiterzuentwickeln. Gesund zu leben und gesund zu bleiben ist auch ganz wichtig. Das ist so meine Vision.
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