Mein Hamburg
Dein Humor ist legendär und du schaffst es immer wieder, Menschen zum Lachen zu bringen. Gab es Momente in deinem Leben, in denen dir das Lachen schwerfiel?
Hugo Egon Balder Ja, natürlich gab es die. Aber das ist schon lange her und solche Momente möchte ich auch nie wieder haben.
Du wirkst auf der Bühne immer so gelassen und souverän. Hast du Lampenfieber vor Auftritten? Gibt es Situationen, in denen du nervös bist? Gab es das mal?
Hugo Egon Balder Nein, das gab es noch nie. Ich weiß auch nicht, warum. Im Gegenteil. Auch beim Theater, wenn ich Premieren hatte, empfinde ich immer eine positive Anspannung. Das hat mit Lampenfieber nichts zu tun. Ich gehe anders an die Sache heran als andere, ich weiß nicht wie. Aber ich denke mir immer: Alles, was wir da machen, ist ja nicht lebensbedrohlich. Ich bin ja kein Herzchirurg. Ich mache nur Quatsch und Schauspiel. Und selbst wenn ich meinen Text vergesse, ist das auch nicht schlimm. Dann freue ich mich, weil alles möglich ist. Ich habe immer so eine positive Anspannung.
Ich war schon immer von deinem Humor und deiner Schlagfertigkeit begeistert. Woher nimmst du deine Inspiration für deine Witze und Gags?
Hugo Egon Balder Ach, das weiß ich nicht. Man hört so viel, man sieht so viel. Es sind auch teilweise Dinge, die ich erzähle, die sind uralt. Nur die meisten Leute kennen sie nicht mehr. Die denken, es ist alles neu. Das stimmt aber nicht.
Aber du musst ja eine gute Auffassungsgabe haben, um das Wissen zu behalten und es dann wiederzugeben.
Hugo Egon Balder Ich habe das im Kopf, ich merke mir vieles. Nicht mehr alles, aber vieles.
Gibt es Lieblingswitze bei dir?
Hugo Egon Balder Es gibt viele Lieblingswitze. Ich mag am liebsten die kurzen, zum Beispiel: Habe letzte Woche meinen ersten Porno gesehen. Mann, war ich da jung!
Wolltest du eigentlich immer ins Showbusiness, oder wie bist du dazu gekommen?
Hugo Egon Balder Das war Zufall. Ich habe Kunst und Grafik studiert, aber das war auch nichts. Ich wusste nicht, was ich machen soll. Dann bin ich bei einer Schauspielschule gelandet, habe eine Ausbildung gemacht und bin dann sofort zum Schillertheater gekommen. Ich war sieben Jahre im Staatstheater. Dann habe ich gemerkt, dass das mein Ding ist. Aber ich hatte immer das Gefühl, ich muss die Leute zum Lachen bringen. Ernsthafte Sachen waren nichts für mich.
Aber vom Staatstheater zu Tutti Frutti und Genial daneben, was ja heute Kult ist – das hatte damals jeder geschaut. Das ist vielleicht heute nicht mehr denkbar, aber was machte für dich den besonderen Reiz dieser Formate aus? Warum haben sie sich so lange gehalten?
Hugo Egon Balder Für mich stand immer fest, dass ich nicht nur eine Sache machen möchte. Ich möchte viele Dinge ausprobieren und das habe ich auch getan. Einiges hat funktioniert, vieles hat nicht funktioniert. Wenn man das will, muss man auch mal Dinge machen, die mit ernsthafter Schauspielerei nichts zu tun haben. Tutti Frutti wurde mir angeboten und ich habe es gemacht. Uns war schon klar, dass es zur damaligen Zeit Aufsehen erregen würde. Aber dass es so einen Zirkus gab, das wussten wir nicht. Das war natürlich für den Sender perfekt.
Jetzt ist das lange her. Jetzt kannst du darüber sprechen: Hattest du eine Lieblingsfrucht?
Hugo Egon Balder Nein, gab es nicht.
Du hast mit vielen bekannten Persönlichkeiten zusammengearbeitet. Gibt es jemanden, mit dem du besonders gern gedreht hast, und warum?
Hugo Egon Balder Das sind viele, da möchte ich jetzt niemanden herausgreifen. Es gibt viele, von denen ich viel gelernt habe, vor allem Frank Elstner zum Beispiel. Natürlich gibt es auch viele andere Kolleginnen und Kollegen, mit denen ich gerne zusammengearbeitet habe.
Aber es war ja auch manchmal konträr. Hella von Sinnen hat ja einen anderen Humor als du.
Hugo Egon Balder Hella ist die Frau, mit der ich am längsten zusammen bin im Leben. Vor 26 Jahren haben wir uns das erste Mal gesehen. Wir sind seitdem praktisch unzertrennlich, was das Fernsehen angeht. Aber es ist doch schön, wenn es so lange hält.
Wenn du heute auf deine Karriere zurückblickst, gibt es Entscheidungen, die du im Nachhinein anders getroffen hättest?
Hugo Egon Balder Nein, ich habe mir das auch schon mal überlegt. Wenn ich ein Typ wäre, der über Leichen geht und seine Ellenbogen einsetzt, dann wäre ich vermutlich woanders gelandet. Dann wäre ich wahrscheinlich Chef von irgendeinem Sender. Da ich aber nicht so ein Mensch bin, sondern eher ein Ensemble-Spieler und mich diese ganzen Sachen nicht so interessieren, weil mich die kreative Arbeit mehr fasziniert, bin ich eben auf der anderen Seite gelandet. Und das ist auch gut so, deswegen würde ich nichts anders machen.
Für mich giltst du als einer der Väter der deutschen Comedy-TV-Geschichte. Wie hat sich deiner Meinung nach die Comedy-Szene in Deutschland verändert?
Hugo Egon Balder Es hat sich gar nicht so viel verändert. Es gibt genug Nachwuchs, der da ist, und es gibt Gute und nicht so Gute. Das war damals auch schon so. Wir haben mit Samstagnacht die Comedy-Szene nicht neu erfunden. Es gab sie ja vorher auch schon, es hieß nur nicht Comedy, sondern Humor. Das gab es auch schon bei Loriot zum Beispiel.
Aber diese schlüpfrigen Witze – kommen die heute noch gut an? Es hat sich doch schon ein bisschen was geändert. Wenn man zum Beispiel einen Komiker wie Otto Waalkes nimmt: Wenn der jetzt nochmal mit seinem Repertoire starten würde...
Hugo Egon Balder Dann hätte er auch wieder Leute, die darüber lachen. Aber das hat nichts mit Comedy zu tun, die Zeiten haben sich geändert. Heute hat jeder Angst, irgendwas zu sagen, weil er einen großen Shitstorm befürchten muss. Mir persönlich ist das egal. Ich habe mich da nicht geändert; Witze sind halt so. Man lacht immer über Witze, die teilweise unter der Gürtellinie sind. Aber das ist alles nicht böse gemeint, mein Gott. Es ist eine schwierige Zeit momentan, gerade für Komiker.
Man steht ja auch unter einer anderen Beobachtung. Früher hat man einen Witz im Fernsehen gebracht und dann wurde er ausgestrahlt. Heutzutage gibt es die ganzen Internetportale, wo man sich eher negativ als positiv äußert. Kommt man da schnell in Stress? Ist das etwas, worauf du achtest?
Hugo Egon Balder Nein, mir ist das egal. Ich schaue auch nie ins Internet, ich schaue nie in mein Facebook oder Instagram, was die Leute schreiben, das interessiert mich überhaupt nicht. Aber es ist natürlich schwierig, weil man heute schon aufpassen muss. Was du sagst, ist oft verboten. Langsam wird es albern, ich meine, ich verstehe sowieso manches nicht. Mit 18 darfst du wählen und entscheiden, wer das Land führt. Aber bei vielen anderen Sachen wird einem einfach die Entscheidung abgenommen. Die Politiker trauen den Leuten oft nicht zu, selbst zu entscheiden. Das finde ich traurig, aber es ist ebenso.
In dieser schnelllebigen Zeit sind Freundschaft und Loyalität in der Branche nicht immer gegeben. Wie wichtig ist dir das? Erlebst du diese Schnelllebigkeit und Oberflächlichkeit auch in deinem Leben?
Hugo Egon Balder In meinem privaten Leben habe ich das nicht, aber beruflich habe ich es natürlich erlebt. In den ganzen 5000 Jahren, die ich diesen Job mache, ist das klar. Alles ist schnelllebig, aber ich bin eine treue Seele. Ich gehöre zu den Leuten, die auch schon seit Jahrzehnten Freundschaften, auch berufliche, pflegen.
Gab es Ratschläge, die dich besonders geprägt haben?
Hugo Egon Balder Ja, viele. Dieter Dorn hat mir zum Beispiel gesagt: „Wenn du einen komischen Text komisch spielst, streichst du dich selbst wieder durch.“ Das hat mir sehr geholfen. Auch von Frank Elstner habe ich viel gelernt, vor allem, wie man Radio moderiert und kommerziell denkt.
Wie gelingt dir die Balance zwischen Beruf und Privatleben?
Hugo Egon Balder Mein Familienleben war nicht immer harmonisch. Ich bin zum fünften Mal verheiratet, das spricht für sich. Aber mittlerweile hat sich alles beruhigt und ich habe ein tolles Verhältnis zu meinen Kindern und meiner Frau.
Wie würdest du dich selbst beschreiben, wenn du nicht im Rampenlicht stehst?
Hugo Egon Balder Das ist schwierig. Ich lache gerne und bin auch privat nicht immer ernst. Aber ich verstelle mich nicht, weder privat noch vor der Kamera.
Du bist Mitinhaber der Kneipe „Zwick“ auf St. Pauli. Wie kam es dazu?
Hugo Egon Balder Das war eher ein Zufall. Mein Partner Uli und ich haben die Kneipe 2010 eröffnet. Eigentlich wollten wir einfach nur einen Ort, an dem wir selbst Musik machen können. Nächstes Jahr feiern wir 15 Jahre Zwick auf Pauli und es macht richtig Spaß.
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