Zurück

Tom Jacobi
Mein Leben in Bildern

Ehemaliger Artdirector des „stern“ und Fotograf mit Herz und Verstand, das beschreibt den deutschen Vollblut-Künstler Tom Jacobi. Vom Beginn der Faszination, seinem Werdegang und seinen Reisen erzählt er auf den folgenden Seiten.

Porträt von Tom Jacobi
Tom Jacobi

Ich wurde 1956 in Bonn geboren. Meine erste Kamera wurde mir im Alter von fünfzehn Jahren geschenkt. Ich hatte sie mir nicht gewünscht, bin aber Steinbock und praktisch veranlagt. Also begann ich, zu fotografieren.

Meine Anfängerfotos waren die üblichen: Die Katze auf dem Sofa, die Schwester im Garten und viel zu viele Sonnenuntergänge. Als ich siebzehn war, lernte ich jemanden von einer Bild-Agentur kennen und zeigte ihr meine Fotos. Einige wurden in ihr Archiv aufgenommen. Ein paar Monate später wurde mein erstes Foto veröffentlicht. Ich werde es nie vergessen: Ein japanischer Kendo-Lehrer beim zelebrieren seiner Kunst.

Aber noch unvergesslicher: Das wohlige Gefühl, das selbst gemachte Foto gedruckt zu sehen und das Papier zu fühlen. Heute lebe ich ein sehr digitales Leben, aber es gibt nach wie vor nichts Schöneres, als eine Seite mit dem eigenen Bild aufzublättern.

Während ich noch das Gymnasium und anschließend die Universität besuchte, fotografierte ich so viel wie möglich und besserte so mein Taschengeld auf. Ich studierte Jura. Kein Grund zur Beunruhigung, denn ich tat es nur, um meinen Vater ruhig zu stellen, dem eine Romanze von mir zu der Zeit gar nicht gefiel und der mich gern ins Ausland geschickt hätte. Nach drei Semestern waren die Romanze und somit auch das Studium beendet.

Ich war damals mit Axel Springer jr. befreundet, dem die Fotoagentur „Sven Simon“ in Bonn gehörte. Um mich abzulenken, fragte ich ihn im Oktober 1976 nach einem Job als Fotograf und er gab mir einen. Jahre später erfuhr ich, dass er sowieso damit rechnete, dass ich nach kurzer Zeit hinschmeißen würde.

Ich arbeitete wie verrückt, es gab eh nichts anderes zu tun in Bonn. Meine Arbeit bestand darin, die großen Politiker der damaligen Zeit wie Ludwig Erhardt, Walter Scheel, Helmut Schmidt und Helmut Kohl möglichst nah zu begleiten und zu porträtieren. Aber der Bonner Betrieb wurde nach einem Jahr langweilig und ich war so weit, endlich für ein Studium in die USA zu gehen.

Im Spätsommer 1977 klingelte plötzlich das Telefon. Am anderen Ende war eine grummelige Stimme. Sie gehörte Rolf Gillhausen, dem legendären „Oberauge“ des „stern“ und kongenialen Partner von Henri Nannen.

Ihm waren meine Fotos aufgefallen und er wollte mich als Fotograf zum „stern“ holen. Es waren die spannenden 70er Jahre und der „stern“ schien der Olymp der Fotografie. Es gab nichts Besseres. Im Haifischbecken der Staff-Photographers schwammen damals so kapitale Exemplare wie Bob Lebeck, Thomas Höpker, Max Scheler und viele andere.

Übermütig sagte ich, damals 21jährig, „Ja“. Bye bye USA, Platz da Bob Lebeck & Co, jetzt komme ich. Der Anfang war schwer, denn “Platz machen“ war keine Eigenschaft der Kollegen. Eigentlich wollte ich drei Jahre bleiben, es wurden neun.

Ich habe in den neun Jahren beim „stern“ alles gemacht und alles erlebt. Ich fotografierte rund um den Globus große Reportagen und wurde 1980 im Iran als Spion an die Wand gestellt. Ich wechselte dann in das Genre der inszenierten Fotografie wie Design und Mode, fotografierte viele Titelbilder (16 Stück in einem Jahr war mein Rekord) und Celebrities. Ich flirtete mit Claudia Schiffer, um ein besseres Cover zu kriegen (umsonst), Heidi Klum sollte später sagen, so lange ich Artdirector beim „stern“ sei, würde sie nie wieder mit dem Magazin arbeiten. Es waren neun wundervolle, anstrengende und aufregende Jahre. Ich habe die ganze Welt bereist und kam nur nach Hause, um meine Wäsche zu waschen und ein neues Thema einzusammeln. Soziales Leben: Null. Abenteuer: 1000%.

1986 verließ ich den „stern“ und etablierte mich als freier Fotograf in den Bereichen internationales Editorial, Werbung und Mode. Damals wurde die Arbeit noch exzellent bezahlt und doch passierte etwas Merkwürdiges. Mein Bankkonto wuchs mit der „Auftrags-Fotografie“, aber die Leidenschaft, Bilder zu machen, wurde immer kleiner und starb langsam.

Und so begann ich, parallel zu meiner kommerziellen Arbeit, mein erstes großes, eigenes Projekt zu realisieren: „Wo Gott Wohnt“. Über drei Jahre fotografierte ich weltweit heilige Stätten der Menschheit. Die Ausstellung und das dazu gehörige Buch erschienen im Jahr 2000. Es war das erste und einzige Buch von Vater & Sohn.

Im selben Jahr traf ich mich mit den neu installierten „stern“ Chefredakteuren Osterkorn & Petzold, um die Erstabdruckrechte für „Wo Gott Wohnt“ zu verhandeln. Wir mochten uns.Eins kam zum anderen und sie boten mir den Posten des „stern“-Artdirectors an. Ich akzeptierte mit pochendem Herzen. Die Möglichkeit zu scheitern war grösser, als es hinzubekommen. Es wurden acht tolle, erfolgreiche Jahre.

Für die Buchreihe „stern Fotografie“ arbeitete ich mit den berühmtesten Fotografen der Welt und entwickelte das neue Magazin „View“, das 2005 auf den Markt kam und dessen erster Chefredakteur ich wurde. Im Jahre 2008 verließ ich dann den „stern“ und machte wieder etwas Verrücktes: Ich wurde Marketing-Vorstand bei der “Engel & Völkers AG“. Inhaltlich hochinteressant, aber emotional nicht meine Heimat.

2011 nahm ich mir eine Auszeit und sah mir verschiedene digitale Geschäftsmodelle an, um am Ende für mich zu realisieren: Man kriegt einen Fotografen hinter der Kamera weg, aber die Kamera nie aus seinem Kopf.

Seit 2014 fotografiere ich nun nur noch meine eigenen fotografischen Kunstprojekte.

Japanische weiß angemalte Frau sitzt oberkörperfrei und wird einem Mann bemalt
„Puppet Painter“, Japan

Online tomjacobi.de

Zurück

Kommentare

Kommentar von Richard Fischer |

Hallo Tom,
einfach nur großartig ! Nicht nur Deine wertgeschätzte Kariere als AD, sondern Deine Fotografie. GREY MATTER(s) ist eines meiner Lieblingsbücher, in meiner recht großen Foto-Bibliothek. Ich find Fotografen Kollegen in Deutschland sind leider und oftmals zu isoliert und Neid spielt dort eine große Rolle. That´s one of the reasons I left Germany. Take care und mach weiter so, wie gesagt einfach nur großartig !
Liebe Grüße aus Südfrankreich, Richard.

Einen Kommentar schreiben

Bitte addieren Sie 4 und 3.
Das könnte Sie auch interessieren