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Katja Suding
Macht Medien Freiheit
![Katja Suding am Elbstrand mit Hafen im Hintergrund](files/mag/people/2019/katja-suding-titel.jpg)
Katja Suding, es war Ihre Idee, uns hier in der Strandperle zu treffen. Ist das Ihr Lieblingsplatz?
Katja Suding Es gibt viele Orte, die ich mag. Doch die Strandperle ist ein ganz besonderer Ort. Hier bin ich relativ häufig, wohne ja auch nicht weit weg. Wo gibt es eine Großstadt, in der man am Strand sitzen kann und das Wasser mit dem riesengroßen Hafen vor Augen hat? Es ist auch sensationell schön, die Elbchaussee entlang zu fahren und parallel zieht auf der Elbe ein Containerschiff vorbei.
Ereilt Sie dann Fernweh, wenn Sie sich das Panorama anschauen?
Katja Suding Nein, nicht unbedingt. Ich komme ja viel rum. Finde einfach dieses Flair so schön. Ich liebe das.
Hamburg ist seit 20 Jahren Ihr Zuhause. Was bedeutet Ihnen Hamburg?
Katja Suding Hamburg hat so viel von Weltoffenheit, von Freiheit und Internationalität. Das finde ich faszinierend. Meine Kinder sind in Hamburg geboren, wachsen hier auf und gehen hier zur Schule. Das ist natürlich etwas, was einen mit einer Stadt verwurzelt. Aber auch in meinem Geburtsort Vechta in Niedersachsen fühle ich mich noch zuhause. Die Worte Heimat und Zuhause haben für mich jedoch keine so große Bedeutung.
Sind Sie ein Mensch, der überall leben könnte?
Katja Suding Ich könnte an vielen Orten leben. Hamburg ist ja nicht mein einziger Mittelpunkt. Inzwischen lebe und arbeite ich die Hälfte des Jahres in Berlin.
Wie häufig sind Sie in der Woche in Berlin?
Katja Suding Die Sitzungswochen verbringe ich meist komplett dort und dazwischen nach Bedarf.
Was lieben Sie an Berlin?
Katja Suding Berlin ist eine echt große Metropole. Ich bekomme leider viel zu wenig davon mit. Wenn ich dort bin, arbeite ich von morgens früh bis abends spät und kann die Vorzüge der Stadt nur sehr selten nutzen. Das finde ich schade.
Wie empfinden Ihre beiden Söhne Ihr Leben?
Katja Suding Die finden das cool und spannend, was ich mache. Sie sind mit 15 und 16 Jahren in einem Alter, in dem sie auch eine ganze Menge verstehen, von dem, was ich tue. Und auch mal gezielt nachfragen, ihre eigene Meinung sagen und mich gern zu Veranstaltungen begleiten. Sie interessieren sich durchaus auch für Politik.
Sagen sie auch mal: „Mama, das muss geändert werden in Deutschland. Bitte setze dich dafür ein.“?
Katja Suding Ja! Zuletzt waren beide unglaublich auf Zinne bezüglich der Urheberrechts-Reform, die auf europäischer Ebene stattfindet. Es geht insbesondere um die Verpflichtung der Netzwerkbetreiber und Urheber, verletzende Inhalte herauszufiltern, wozu man Upload Filter einsetzen muss. Darüber machen sich meine Söhne große Sorgen, weil sie, wie ich übrigens auch, befürchten, dass dies sehr stark in die Meinungsfreiheit eingreifen wird. Denn so können präventiv auch Inhalte gelöscht werden, die gar nicht strafbar sind. Weil diese Upload Filter gar nicht in der Lage sind, zweifelsfrei zu erkennen: Was ist urheberrechtsgeschützt und was nicht?
Wie kamen Ihre Kinder auf dieses Thema?
Katja Suding Sie sind viel online und deshalb wie die meisten jungen Menschen darüber sehr besorgt. Es wird an ihrer Schule, in ihrem privaten Umfeld und den Netzwerken diskutiert.
Achten Sie auf den Umgang Ihrer Kinder mit den sozialen Medien?
Katja Suding Ja, wir sprechen darüber. Sie sollen lernen, die Gefahren zu erkennen und wie man überhaupt mit Informationen aus dem Netz umgeht. Sind sie richtig oder falsch? Wie ordne ich sie ein? Und wie prüfe ich die Quelle einer Information? Das sind schon Themen, über die wir sprechen.
Ihr ältester Sohn Johann gab in diesem Jahr zum ersten Mal seine Stimme ab bei der Bezirksversammlungswahl. Was meinen Sie, welche Partei hat er gewählt?
Katja Suding Wer weiß, vielleicht war es eine mir sehr nahestehende Partei. Wenn wir politisch diskutieren, gibt es nicht immer, aber oft Übereinstimmungen. Auch ihnen ist es wichtig, dass man seinen eigenen selbstbestimmten Weg geht und seine Talente nutzt.
„Das Beste, was einer Gemeinschaft passieren kann, sind Freiheit und Selbstbestimmung“, schreiben Sie auf Ihrer FDP-Seite.
Katja Suding Genau! Weil ich glaube, dass eine Gesellschaft dann stark und gut sein kann, wenn man der einzelnen Person so viel Freiraum lässt, dass sie Kreativität, Leistungsfähigkeit und Schaffenskraft entfalten kann. Und wenn jeder seine Talente und Fähigkeiten für sich, die Familie und die Gesellschaft nutzt, dann ist das nur positiv. Künstler schaffen Kunstwerke, Handwerker bauen uns schöne Dinge, Lehrer unterrichten unsere Schüler, Ehrenamtliche engagieren sich für den Zusammenhalt und das Funktionieren der Gesellschaft. Politik sollte genau das fördern.
Wie leben Sie diese selbst?
Katja Suding Ich bin ein Mensch, der selbstbestimmt leben möchte. Ich habe schon sehr früh mein eigenes Geld verdient, weil ich meinen eigenen Weg gehen wollte.
Sie haben als Jugendliche u.a. am Fließband einer Geflügelschlachterei, als Zimmermädchen und im Supermarkt gejobbt. Wissen Sie noch, was Sie sich von Ihrem ersten Geld gekauft haben?
Katja Suding Das habe ich mir zusammengespart, um meinen Auslandsaufenthalt während der Schulzeit zu finanzieren. Denn ich wollte unbedingt in die USA. Meine Eltern haben mich finanziell zwar unterstützt, aber auch gesagt: Zeig’, dass du das wirklich willst. So habe ich mir diverse Jobs gesucht und das Geld für diesen Auslandsaufenthalt anteilig verdient. Mit 17 Jahren habe ich dann ein Jahr lang bei einer Gastfamilie in Utah gelebt und dort mein Senior Year an der High School gemacht.
Wie war das Jahr für Sie?
Katja Suding Großartig! Ich habe so viel Neues erlebt und wollte erst gar nicht wieder zurück. Ich musste mich plötzlich in einer ganz neuen Welt zurechtfinden, das war wirklich ein Ausnahmezustand. Ich lebte bei einer mormonischen Familie mit vier Kindern, von denen drei noch zu Hause wohnten. Zu ihnen habe ich immer noch Kontakt und war einige Male drüben - auch mit meinen Kindern.
Was schätzen Ihre Familie und Ihre (politischen) Freunde an Ihnen?
Katja Suding Da müssten wir sie mal fragen. Ich bin sehr diszipliniert, wenn es darum geht, Ziele zu erreichen. Und weiß sehr klar, was ich möchte. Trotzdem bin ich locker, zugänglich und offen, sagt man jedenfalls.
So nehmen wir Sie auch wahr. Doch was sind die weichen Attribute der Katja Suding?
Katja Suding Ich versuche auf empathische Art und Weise, meine Leute mitzunehmen. In den Dialog zu gehen, Vertrauen aufzubauen, um Unterstützung zu werben. Mit dem Ziel, Projekte gemeinsam zu entwickeln. Dazu gehört für mich auch, nicht alles allein zu machen. Mir ist wichtig, dass auch andere ihre Talente einbringen.
Wie wichtig ist in Ihren Augen Macht?
Katja Suding Macht ist wichtig, um Positionen und Ziele durchzusetzen.
Das Wort ist oft negativ besetzt. Was ist positiv daran?
Katja Suding Macht an sich ist nicht so negativ besetzt, aber Machtmissbrauch natürlich. Wenn man Macht als eine dienende Funktion begreift und sie verantwortungsvoll einsetzt, dann ist das positiv.
Wie leben Sie diese dienende Funktion?
Katja Suding Ich besetze meine Ämter nicht der Ämter wegen, sondern um etwas zu erreichen. Als Hamburger Landesvorsitzende arbeite ich mit meinem Team dafür, dass wir bei der Bürgerschaftswahl im Februar 2020 ein gutes Ergebnis erzielen. Als stellvertretende Bundesvorsitzende war ich in den vergangenen Jahren am Wiederaufbau der FDP nach sehr schwierigen Jahren an vorderster Front damit beschäftigt, die Partei wieder auf die bundespolitische Bühne zu bringen. Das war sehr viel Arbeit, es war aber auch eine schöne Zeit, besonders weil wir am Ende erfolgreich waren.
Sie sagen von sich: Ich bin eine überzeugte Europäerin. Wie leben Sie diese Haltung?
Katja Suding Hans-Dietrich Genscher hat mal gesagt: „Europa ist unsere Zukunft, wir haben keine andere“. Das stimmt heute mehr denn je. Deshalb brauchen wir eine bessere EU. Sie muss bei Digitalisierung, Klimaschutz, Verteidigung, Zuwanderung aber auch bei Wissenschaft und Forschung enger zusammenarbeiten. Wir brauchen jedoch kein Europa, das sich überall einmischt, wo es die Staaten und Regionen besser alleine können. Und eine Vergemeinschaftung von Schulden brauchen wir auch nicht.
Ihr Sternzeichen ist der Steinbock. Von dem sagt man, er sei fleißig, beißt sich durch, ist ein Problemlöser. Ihr Chef Christian Lindner hat das gleiche Sternzeichen. Wie passt das? Rumst es auch mal?
Katja Suding Wir harmonieren schon seit langer Zeit in ganz unterschiedlichen Funktionen. Er nun als FDP-Bundesvorsitzender und ich als seine Stellvertreterin. Wir kennen uns seit über zehn Jahren. Damals war er noch FDP-Generalsekretär in NRW. Wir sind natürlich nicht immer derselben Meinung, aber wir arbeiten sehr gut zusammen. Er ist unglaublich intelligent und visionär. Also, die Zusammenarbeit mit ihm ist toll.
Was verbindet Sie?
Katja Suding Wir beide haben diesen Mut, neue Wege zu gehen.
Wie mutig sind Sie denn?
Katja Suding Ich war mutig, als ich 2011 gesagt habe: Ich werde jetzt Spitzenkandidatin für die FDP. Wir waren zwei Legislaturperioden schon nicht mehr in der Hamburger Bürgerschaft vertreten, bei zwei Prozent in den Umfragen angelangt und als zerstrittener Männerhaufen verschrien. Niemand hat nur einen Pfifferling darauf gewettet, dass wir es überhaupt irgendwie schaffen würden, wieder in die Bürgerschaft einzuziehen. Ich habe damals gesagt: Ich werde Spitzenkandidatin und wir schaffen das. Und wir haben es geschafft.
Woher haben Sie damals den Mut genommen?
Katja Suding Ich wusste zum Glück noch nicht, was auf mich zukommt. Ich hatte eine Idee, wie ich es machen wollte, anders machen wollte, und dachte: Es muss in dieser Stadt doch möglich sein, dass die Freien Demokraten sich mit ihrem guten Programm so aufstellen und darstellen können, um genügend Wählerinnen und Wähler zu überzeugen, uns zu wählen.
Wie wichtig ist Attraktivität in der Politik?
Katja Suding Sicherlich kann Attraktivität dazu beitragen, für Aufmerksamkeit zu sorgen. Politik lebt ja von Aufmerksamkeit, dass man uns wahrnimmt, uns hört. Auf der anderen Seite haben es attraktive Frauen in der Politik manchmal schwerer, als kompetent wahrgenommen zu werden.
Welche Rolle spielen Mode und gutes Aussehen für Sie?
Katja Suding Das hat ehrlich gesagt viel weniger Bedeutung für mich als für mein Umfeld.
Eher Rock oder eher Hose?
Katja Suding Je nach Laune. Ist beides vorhanden. Mal fühle ich mich nach Turnschuhen und Jeans, mal nach Rock und Bluse. Das weiß ich, wenn ich morgens aufwache.
Die Farbe gelb ist ja dieses Jahr auch wieder ganz aktuell...
Katja Suding Was Gelbes finden Sie in meinem Kleiderschrank allerdings nicht.
Was denn so?
Katja Suding Ich mag blau sehr gern - in allen Schattierungen. Eher gedeckte Farben, zwischendurch mal was Farbiges. Ich bin ein Typ, der sich schlicht gekleidet wohler fühlt.
Man sieht Sie in Hamburg mit Ihrem Partner Udo Riglewski auch immer wieder auf der „Nacht der Medien“ oder beim „Hamburger Presseball“. Wie gern bewegen Sie sich auf dem gesellschaftlichen Parkett?
Katja Suding Das sind ja vor allen Dingen Ereignisse, auf denen man netzwerkt, Neuigkeiten erfährt, neue Menschen kennenlernt. Das tue ich gern, aber es ist natürlich Arbeit. Einen privaten Abend im Kreise von Freunden genieße ich anders.
Wie sieht so ein Abend im Kreise von Freunden aus?
Katja Suding Ich gehe unglaublich gern zum Essen. Liebe es, neue Restaurants auszuprobieren. Ob Italienisch, Asiatisch, Südamerikanisch - ich mag die Vielfalt. Natürlich ist ein Highlight, und das mag ich auch sehr gern, ein gemütlicher Abend auf dem Sofa.
Wo wollen Sie sich politisch noch stärker engagieren?
Katja Suding Ich habe Ihnen mein Menschenbild geschildert. Ein wichtiges Thema bleibt das Thema Bildung. Ohne gute Bildung funktioniert unser System nicht. Bereits in der frühkindlichen Bildung setzen wir die Grundlagen für den späteren Bildungserfolg. Es ist ein ganz schlimmer Zustand, dass Bildung immer noch davon abhängt, aus welchem Elternhaus man kommt. Wir haben gerade das Grundgesetz geändert, so dass Bund und Länder in der Bildung besser zusammenarbeiten können und der Digitalpakt nun endlich starten kann. Damit investieren wir ganz gezielt in mehr digitale Bildung. Ich kann mit digitalen Lernprogrammen an den Schulen ganz zielgerichtet auf jedes Kind eingehen und gucken: Wo sind Stärken, wo hat es noch Schwächen? Und es so individuell fördern! Wir leben ja in einer Welt, in der in den nächsten Jahren durch die Digitalisierung viele Jobs wegfallen werden. Die allermeisten Jobs werden sich fundamental ändern mit komplett neuen Anforderungen an die Qualifikation der Menschen. Darauf ist unser Land überhaupt nicht eingestellt. Deshalb möchte ich, dass lebenslanges Lernen für jeden und jede einfach zugänglich und finanzierbar wird.
100 Jahre Frauen-Wahlrecht in Deutschland - ist es Ihrer Meinung nach bemerkenswert, was Frauen seitdem erreicht haben? Oder eher dürftig?
Katja Suding Es hat sich einiges getan, aber meiner Meinung nach noch nicht genug. Es gibt keine Partei in Deutschland, in der der weibliche Mitgliederanteil annähernd 50 Prozent beträgt. Ich wünsche mir schon, dass mehr Frauen sagen: Ich engagiere mich. Wir bilden 50 Prozent der Bevölkerung, wir sollten auch zu 50 Prozent gehört werden. Als FDP-Landesvorsitzende versuche ich hier in Hamburg, wo ich darauf einen Einfluss habe, zu schauen: Wie kriegen wir das hin? Wie sprechen wir Frauen an? Wie können wir auch unsere Arbeit in den Gremien so organisieren, dass es für Frauen noch attraktiver ist? Ich weiß ja, dass Frauen immer noch den Löwenanteil der Hausarbeit, der Kindererziehung, der Pflege von Angehörigen übernehmen. Diese Frauen sind dann oft auch noch berufstätig. Das heißt, sie sind schon doppelt oder mehrfach belastet. Da ist es natürlich nicht so einfach, sich Zeit für das Ehrenamt, das politische oder ein anderes, abzuzwacken. Deshalb versuche ich, unsere Arbeit an der Basis so zu organisieren, dass sie effizient funktioniert. Dazu gehört für mich auch, aus Respekt vor den Teilnehmern, Gremiensitzungen im Landesvorstand so vorzubereiten und zu organisieren, dass wir zügig durchkommen.
Abschlussfrage: Sie sind im Frühjahr mit Ihren Kindern nach Israel gereist. Warum haben Sie dieses Reiseziel gewählt und mit welchen Eindrücken sind Sie zurückgekehrt?
Katja Suding Es war eine unglaublich tolle Reise. Jerusalem hat uns fasziniert, wir haben uns dort intensiv mit der Entstehung der Religionen und der Geschichte des Landes beschäftigt. Tel Aviv war das Kontrastprogramm: eine aufregende Stadt, in der wir die große Lebensfreude genossen haben.
![Katja Suding Katja Suding am Elbstrand vor Steinen](assets/images/a/katja-suding-4-1cb23d29.jpg)
Online www.katjasuding.de