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OPIUM Titel
Liebe geht unter die Haut
Veröffentlicht
Autor
Marika Henke
Fotos
Stiftung Historische Museen Hamburg, Breuel-Bild
Tags
Hamburg
Mein Hamburg
Hamburg hat zwei der für die Tätowierkunst bedeutendsten Künstler fast zeitgleich gehabt – Karl Finke (1866-1935) und Christian Warlich (1891-1964).
Der Hamburger Kunsthistoriker Ole Wittmann hat in seinen umfangreichen Recherchen über beide Künstler geforscht, ein Buch über Karl Finke herausgebracht und momentan läuft sein aktuelles Forschungsprojekt „Nachlass Warlich“.
Es ist auch Christian Warlich gewesen, der der Tätowierungskunst das erste Mal Seriosität verliehen hat. Er war der erste gewerbliche Tätowierer, und der Erste, der mit einer elektrischen Tätowiermaschine gearbeitet hat. Seine Werke waren stets von höchster Qualität, er achtete auf Hautgegebenheiten bei den jeweiligen Kunden, nahm den natürlichen Hautalterungsprozess in Betracht und betrieb Nachsorge und -pflege. Er legte Wert auf ein gepflegtes Äußeres und war stets mit Hemd, Schlips und Weste unterwegs. Er war auch der Meinung, dass ein seriöser Tätowierer niemals das Gesicht stechen würde, daher grenzte er auch seine Werke unterhalb des Halses und oberhalb der Handgelenke ab.
Waren es denn meistens die Seemänner die sich haben tätowieren lassen?
Ole Wittmann: „Also Grundsätzlich waren ja Seemänner nur ein kleiner Teil der Leute, die Tätowierungen bekommen haben. Viele Andere auch, aber es war schon immer in allen Gesellschaftsschichten und Berufen verbreitet. Bei den Seeleuten kam natürlich die Besonderheit dazu, dass sie durch die ganze Welt gereist sind. Und da war es dann eben so, dass in den Hafenstädten oft Tattoostudios waren und die Seeleute sich dann eine Art Souvenir von den jeweiligen Ort geholt haben.“
Christian Warlich hatte seine Motive in einem Vorlagenbuch zusammengefasst. Ole Wittmann holt das Vorlagenbuch aus einem Karton, eingebettet in Seidenpapier. Mit Handschuhen blättert er vorsichtig die Seiten, die eigentlich eine lose Blattsammlung sind und mit Textilkleberband als Buch zusammengefasst wurden. Nach der Legende durfte nur der Meister selbst die Seiten blättern. Wenn man das Buch genauer betrachtet, sieht man, dass die Seiten immer an den gleichen Stellen angefasst worden sind, das Papier ist etwas abgenutzt und von unzähligen Fingerabdrücken dunkler verfärbt. Trotz des Alters und des häufigen Blätterns, sind die Farben kraftvoll, die Bilder scharf. Es gibt natürlich Motive von Frauen, aber weniger nackte Haut als erwartet. Eher exotische Frauen in Hula-Röckchen unter Palmen, Geishas und zeitgenössische Frauenbilder. Typische Seemanns-Symbole, Glücksbringer und kraftvolle Tierbilder aus Übersee. Und eben auch viele Motive von Hamburg und St. Pauli. Man könnte sogar behaupten, dass Warlichs Vorlagenbuch das Tor war, durch das die Liebe und die Leidenschaft für Hamburg überall in die Welt hinausgetragen wurde.
Tattoos sind beliebter denn je
Wenn man verliebt ist, glaubt und hofft man, dass es für immer ist.
Die Tätowierkunst erlebt seit einiger Zeit einen großen Hype. Es werden Kunstwerke in unterschiedlichen Stilen und mit unterschiedlichsten Motiven auf die Haut gestochen. Sei es die eigene Mutter, die große Liebe, die Kinder, der Lieblingskünstler oder gar das Haustier. Es gibt in Hamburg eine große Auswahl an talentierten, professionellen Tattoo-Künstlern und -Studios. Gesellschaftsfähig sind sie geworden oder waren es schon immer. Die Popkultur, die Musiker, Schauspieler und Topmodels haben die Tätowierungen sexy gemacht. Bettina Wulff hat sie sogar ins Schloss Bellevue gebracht.
Ole Wittmann: „Es gab schon immer Zeiten und Orte, an denen Tätowierungen gesellschaftsfähig waren. Zum Beispiel um 1900 war es in der feinen Gesellschaft New Yorks der letzte Schrei, sich tätowieren zu lassen. Der europäische Hochadel war Ende des 19. Jahrhunderts auch tätowiert.“
Seine Liebe und Leidenschaft zum Ausdruck zu bringen kennt keine Grenzen, keinen Ort, keine Zeit – sie geht einfach unter die Haut.
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