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Karlheinz Hauser
Kochen allein war mir nie genug

Die Leidenschaft für das Kochen ist der Ursprung und nach wie vor die Inspirationsquelle von Karlheinz Hausers heutigem Wirken auf dem Hamburger Süllberg, nachdem er 2002 dem Ruf in die Elbmetropole folgte. Neben seinem Gourmetrestaurant Seven Seas, das seit 2014 mit zwei Michelin-Sternen ausgezeichnet ist, leitet er hier das Deck 7 Market Restaurant, den Biergarten und saisonal die Almhütte und vereint damit grundverschiedene Gastronomiekonzepte unter einem Dach. Über seine Tätigkeit als Koch hinaus betreibt er das Hotel Süllberg, die Hauser Catering & Consulting GmbH, welche Caterings in Europa und weltweit betreut, die Hauser Collection sowie die Poké You Management GmbH mit mittlerweile drei Restaurants in Deutschland und Dependancen in verschiedenen Robinson Clubs.
Karlheinz, ist die deutsche Sterneküche zu teuer?
Karlheinz Hauser Auf keinen Fall! Im Vergleich zu anderen Ländern wie beispielsweise Frankreich sind wir hier in Deutschland sehr human und können nur bis zu einem gewissen Preis gehen. Die Schmerzgrenze ist bei einem Preis von 220 Euro für acht Gänge erreicht.
Ist Sternegastronomie generell ein Verlustgeschäft? Woran liegt das?
Karlheinz Hauser Man muss gut kalkulieren, denn die Preise für hochwertige Produkte sind entsprechend hoch. Der Aufwand und die Kosten für top ausgebildete Leute sind ebenfalls entsprechend. Man benötigt eine gute Auswahl an Weinen und erstklassiges Equipment. Da bleibt in der heutigen Zeit nicht mehr viel übrig. Es muss aber kein Verlustgeschäft sein.
Damit hast Du doch sicherlich selbst auch zu kämpfen. Was machst Du dagegen?
Karlheinz Hauser Wir versuchen in dieser doch sehr schwierigen Corona-Zeit tatsächlich unsere Kosten im Griff zu behalten und können unter diesen sehr hohen Auflagen daher das Seven Seas momentan nicht optimal betreiben. Ich hoffe die Zeiten ändern sich auch wieder und bis dahin konzentrieren wir uns auf betriebswirtschaftlich sinnvollere Konzepte.
Das Restaurant Seven Seas hast Du 1999 eröffnet, da gab es bestimmt auch Startschwierigkeiten, oder?
Karlheinz Hauser Das war 2002 und tatsächlich dauert es immer ein wenig, bis man zum gewünschten Erfolg kommt und so hat es eineinhalb Jahre gedauert, bis wir den ersten Michelin Stern bekommen haben. In 2014 dann unseren zweiten Stern, den wir auch all die Jahre bestätigt haben. Das lief schon gut nach Plan. Im Seven Seas kostet ein Menü immerhin zwischen 160 und 195 Euro. Das ist für die meisten Menschen viel Geld.

„Kontinuität ist ein absolutes Muss.“
Wie kommt es zu diesen Preisen? Was treibt den Preis auf diese Höhe?
Karlheinz Hauser Wie schon erwähnt sind es in erster Linie die Personalkosten, dann der Aufwand und zuletzt natürlich der Wareneinsatz. Alles muss immer erster Güte sein und man darf, wenn man in dieser Liga spielen will, keine Kompromisse eingehen. Kontinuität ist dann ebenfalls ein absolutes Muss.
Wie kalkuliert ein Sternekoch? Ist die Kalkulation in einem Sternerestaurant anders?
Karlheinz Hauser Natürlich, da wir uns mit den hochwertigsten und somit auch den kostspieligsten Produkten befassen. Jedes Gericht muss entsprechend kalkuliert sein und die Ware muss sich durch die entsprechende Auslastung drehen.
Wenn Du am Menü also nichts oder nicht viel verdienst, müssen es wohl die Getränke rausreißen. Das heißt, in der Sterneküche verdient man das Geld mit Wein, Wasser und Kaffee?
Karlheinz Hauser Ja, das war lange Zeit so, aber heutzutage wird eben mehr auf den Preis einer Flasche Wein geschaut. Im Zeitalter von Compliance bestellt man nicht mehr so einfach eine Flasche Champagner für 300 Euro. Im privaten Kreis dann schon eher, aber wir sind eben auch in Hamburg und da wird nicht so gerne in der Öffentlichkeit gezeigt, was man sich vielleicht leisten könnte. Mit dem Ausschank von Wasser und vielleicht 20 Espressi im Seven Seas kommt man nicht so weit.
Wie viel Kapital ist denn in Deinem Weinkeller gebunden?
Karlheinz Hauser Ich habe circa 1000 Positionen auf der Karte und der teuerste Wein kostet immerhin mehr als 1000 Euro. Wir reden da schon von einem guten sechsstelligen Betrag.
Muss man als Sterne-Haus alle großen Namen und Jahrgänge vorhalten?
Karlheinz Hauser Sicher nicht alle, aber es bedarf schon einer guten Auswahl und Jahrgangstiefe sowie auch ein paar Raritäten, die man nicht überall bekommt. Wobei bei einem der letzten Besuche eines Michelin Inspektors haben wir über das Thema Weinkarte intensiv gesprochen und seine Aussage war: „Für Michelin zählt ausnahmslos und nur was auf dem Teller ist.“ Da hat mein damaliger Sommelier Maximilian Wilm nicht schlecht geschaut. Ich sagte dann zu ihm: „Na, dann machen wir mal etwas langsam mit dem Einkauf von Subskriptions-Weinen.“ Spaß...
Wie viele Leute arbeiten denn im Seven Seas?
Karlheinz Hauser Die Stammmannschaft besteht aus sechs Personen im Service und ebenso vielen in der Küche.
Ich sehe an Deiner Kochjacke den Namen eines Küchenherstellers. Unterhältst Du reine Berater- und Kooperationsverträge oder eventuell auch Barterverträge?
Karlheinz Hauser Ich würde sagen eine Mischung aus beidem. Ich arbeite seit 1997 zu Adlon-Zeiten mit Lohberger zusammen, einem hervorragenden österreichischen Küchenbauer und wir helfen uns gegenseitig, wo es geht.
Welche Bedeutung haben Restaurantführer wie der Michelin oder der Gault Millau für das Geschäft?
Karlheinz Hauser Natürlich spielt das eine große Rolle, denn unsere Arbeit wird durch diese bestätigt und empfohlen. Wir haben viele Restaurantführer in Deutschland und nicht alle sind gleich wichtig, aber für uns ist und war Michelin immer das Maß aller Dinge. An erster Stelle kochen wir aber natürlich für unsere Gäste und deren Zufriedenheit und das hoffentlich so gut, dass sie gerne wiederkommen. Im Übrigen ist mir das für das Seven Seas immer am wichtigsten gewesen.
„Ich bin stets auf der Suche nach dem besten Produkt.“
Jetzt noch mal zurück: Wo und wie wird für ein Sterne-Restaurant eingekauft?
Karlheinz Hauser Ich bin stets auf der Suche nach dem besten Produkt und somit haben wir auch die besten Lieferanten. Ohne Namen zu nennen haben wir hier sehr zuverlässige Partner an der Seite, auf die ich mich immer verlassen kann. Hier ist Vertrauen elementar wichtig. Bei unseren Stamm-Lieferanten wechsle ich nur sehr ungern und versuche in Zusammenarbeit und entsprechender Kommunikation das Beste rauszuholen.
Warum zieht es so viele Köche ins Fernsehen?
Karlheinz Hauser Ich denke, es gibt nicht so viele wie man immer denkt. Ich würde sagen, alle zusammen sind das vielleicht 20 bis 25. Und der Grund warum wir im Fernsehen sind ist sicher, dass wir eben auch etwas tun, was viele Menschen anspricht. Wir beschäftigen uns nämlich mit gutem Essen und können unsere Arbeit den Zuschauern auch auf eine professionelle Art und Weise präsentieren und darstellen. Ich denke, wir haben auch einen gewissen Bildungsauftrag. Ich persönlich bevorzuge ARD und ZDF, denn bei diesen geht es nicht darum, jemanden erst in eine unangenehme Situation zu katapultieren, um ihn dann wiederaufzubauen oder sich gegenseitig zu beschimpfen. Es geht um ehrliche, gute Unterhaltung auf einem anständigen Niveau. Jetzt kann man sich denken, welche Sendungen ich nicht so mag und wo man mich eben nicht sehen wird.
„Hochwertige Sterneküche geht auch ohne Fleisch.“
Die Kochszene hat sich weiter und weiter entwickelt – viele Restaurants setzten auf Fine Dining. Wo geht der Trend hin?
Karlheinz Hauser Der Trend geht immer mehr in Richtung Qualität, gesunder Ernährung und Nachhaltigkeit. Die Menschen wollen wissen, wo das Produkt, das sie auf dem Teller haben, herkommt. Wir gehen weg von der Massentierhaltung und das ist auch gut so. Es muss heutzutage eben auch nicht immer Fleisch sein. Die vegane und vegetarische Küche spielt immer mehr eine Rolle. Wir waren sehr erfolgreich mit unserem vegetarischen Menü im Seven Seas und haben gezeigt, dass hochwertige Sterneküche auch vegetarisch oder vegan sehr gut geht und entsprechend ankommt.
„Ich war acht Jahre alt, als ich mich entschloss, Koch zu werden.“
Wie alt warst Du, als Dir klar wurde, dass Du Koch werden würdest?
Karlheinz Hauser Ich komme aus einer Weinregion im schönen Badener Land und bin mit gutem Essen groß geworden. Ich war acht Jahre, als ich mich schon fest entschlossen habe, Koch zu werden. Meine Mutter hat alles versucht, mich davon abzuhalten, aber das ist ihr nicht gelungen.
Wie begann Deine Karriere?
Karlheinz Hauser In einem guten Landgasthof im Schwarzwald, mit einer klassischen gut bürgerlichen Küche und einer soliden Kochlehre. Hier habe ich schnell erkannt, dass da noch mehr geht und so bin ich über die Schweiz vom Kulm Hotel St. Moritz schnell nach München in die besten Häuser gekommen, dann war ich im Adlon in Berlin und habe mich dann hier in Hamburg selbstständig gemacht. Es lief alles sehr reibungslos. Ich war fleißig, ehrgeizig, wissbegierig und kam so schnell vorwärts. Ich denke, das Wichtigste war, sich auf die wesentlichen Dinge zu konzentrieren und ich hatte und habe bis heute sehr viel Spaß an dieser Arbeit.
Hattest Du ein Vorbild für Deine Karriere, wer inspirierte Dich oder inspiriert Dich noch heute?
Karlheinz Hauser In Sachen Kochen war mein Vorbild der „Koch des Jahrhunderts“ Eckart Witzigmann, in Sachen Organisation „Der Partykönig“ Gerd Käfer und in Sachen Hotellerie der damalige Direktor des Adlons in Berlin, Gianni van Daalen, der mir damals mit 29 Jahren die Chance gab, dieses großartige Hotel als Küchenchef und später als Leiter der Gastronomie mit zu eröffnen. Wie du siehst, hatte ich das große Glück, mit den Besten des Fachs zu arbeiten und habe von diesen viel gelernt.
Was bedeuten die Sterne für Dich?
Karlheinz Hauser Also wie ich vorhin schon beschrieben habe, ist das für einen Koch die absolute Bestätigung. Aber mit der Zeit und nach 38 Jahren Sternegastronomie ist es natürlich nicht mehr alles. Wir haben in der aktuellen Zeit so viele Herausforderungen, um die wir uns kümmern müssen.
Welche Zutat würdest Du nie verwenden?
Karlheinz Hauser Oh, da gibt es einige. Ich brauche nicht unbedingt Knoblauch, auch auf Kreuzkümmel oder Kichererbsen kann ich gut verzichten.
Wie entsteht ein Menü?
Karlheinz Hauser Zuerst kommt das Produkt. Die richtige Jahreszeit zum jeweiligen saisonalen Produkt spielt für mich immer eine sehr große Rolle. Dann die nötige Erfahrung, was passt mit welchem Produkt zusammen, sowie die nötige Kreativität und Vorstellungskraft. Es gehört sicher auch eine Idee dazu. Dann wird das im Team besprochen, probiert, getestet und auf das Letzte optimiert. So entsteht dann nach und nach das perfekte Menü für die richtige Zeit und den jeweiligen Anlass, und natürlich berücksichtigen wir während der Entwicklung auch die Wünsche und Bedürfnisse der Kunden und Gäste.
„Viel mehr geht nicht, das war eine sehr große Verantwortung.“
Welche sind die bekanntesten Menschen, die Du schon bekocht hast?
Karlheinz Hauser Durch die Zeit im Adlon und auch früher bei Käfer waren das sehr viele, unter anderem vier amerikanische Präsidenten, die Queen von England, Michael Jackson, Steven Spielberg, um nur einige zu nennen. Dann kam 2017 für mich das absolute Highlight, die 20 Staats- und Regierungschefs hier in der Elbphilharmonie, das Staatsbankett anlässlich des G20-Gipfels in Hamburg. Viel mehr geht da nicht und das war schon eine sehr große Verantwortung.
Weißt Du noch, was serviert wurde?
Karlheinz Hauser Für Steven Spielberg war es zum Beispiel ein Wiener Schnitzel.
Wie weißt Du, dass ein Gericht besonders gut gelungen ist?
Karlheinz Hauser Durch die Bestätigung und das vielleicht überschwängliche Lob des Gastes in erster Linie, aber mit der Zeit kann man sich natürlich auch selbst ganz gut einschätzen. Hier spielt die Erfahrung über all die Jahre eine große Rolle.
Was unterscheidet die deutsche von der meist vielgelobten französischen Sterne-Küche?
Karlheinz Hauser Ich denke, wir müssen uns nicht verstecken vor den Franzosen und haben in unserem Land schon ein sehr hohes Niveau. Die Wertschätzung ist vielleicht nicht immer dieselbe und wie wir wissen, gibt der Franzose eher mal mehr Geld für ein Menü aus als für einen tollen Urlaub oder ein neues Auto.
Was sind Deine nächsten Ziele?
Karlheinz Hauser Momentan konzentriere ich mich auf mein letztes Jahr auf dem Süllberg bis Ende 2021 und hoffe, wir sind diesen Corona-Wahnsinn bald los und können noch ein paar schöne Feste auf dem Süllberg feiern. Ich habe ja noch zwei weitere Firmen und Restaurants und das Hauser Catering – es wird bestimmt nicht langweilig. Ich wünsche mir und uns allen, dass wir gesund bleiben und hoffe, dass dieser Virus bald beherrschbar ist. Dann schauen wir weiter.
Karlheinz Hauser · Hotel Süllberg
Süllbergsterrasse 12 · 22587 Hamburg
www.karlheinzhauser.de
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