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Oliver Engels
Klarer Kurs

British American Tobacco will eine bessere Zukunft, „A Better Tomorrow TM“, aufbauen. Central Europe North Chef Oliver Engels erklärt im Gespräch mit Gunnar Henke, was das bedeutet.

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Oliver Engelsʼ berufliche Laufbahn begann 1996 bei Unilever und führte dort bis zum Vice President – Skin Category Europe. Er war mitverantwortlich für eine der aufmerksamkeitsstärksten Kampagnen überhaupt, die Dove Campaign for Real Beauty. 2007 zeichnete der ADC ihn als „Client of the year“ aus. Seinem Innovationstrieb verdanken wir zudem das Waschmittel für schwarze Wäsche. 2014 wechselte er zu BAT und hat dort als Chef Central Europe North andere Ziele vor Augen.

Herr Engels, ein Wort ist derzeit in aller Munde – Transformation. Das gilt auch für Ihr Unternehmen. Was streben Sie mit Ihrer Transformation an?

Oliver Engels Letztes Jahr haben wir einen ganz klaren Unternehmenszweck definiert: eine bessere Zukunft, „A Better Tomorrow“, aufzubauen, indem wir die gesundheitlichen Folgen unseres Geschäfts minimieren, und zwar dadurch, dass wir eine größere Auswahl an genussvollen und risikoreduzierten Produkten anbieten. Und wir haben uns gefragt, was wir als Unternehmen tun können und müssen, um dies zu erreichen. Entsprechend haben wir uns ambitionierte Ziele gesetzt. Derzeit haben wir weltweit etwa 150 Millionen Verbraucher. Wir wollen, dass bis 2030 50 Millionen Verbraucher unsere nicht brennbaren Produkte konsumieren. Und wir sind auf einem sehr guten Weg. Derzeit sind es schon über 16 Millionen. Allein im 1. Halbjahr dieses Jahres haben wir 2,6 Millionen Verbraucher für nicht brennbare Produkte hinzugewonnen. Das entspricht der Einwohnerzahl von Hamburg und Frankfurt am Main. Oder, wenn Sie es auf Monate umrechnen, pro Monat der Einwohnerzahl der Stadt Erfurt.

Wie sehen die konkreten Maßnahmen der Risikoreduktion aus?

Oliver Engels Unser Unternehmenszweck fußt auf dem Prinzip der Risikoreduzierung. Wir möchten erwachsenen Rauchern Produkte anbieten, deren Konsum geringere gesundheitliche Auswirkungen als die Zigarette aufweist. Unser Sortiment in den neuen Kategorien ist das breiteste der Branche und umfasst Dampfgeräte, Tabakerhitzergeräte und moderne Nikotinprodukte zum oralen Gebrauch. Unser Multi-Category-Portfolio bietet innovative Verbraucherprodukte, die mittels hochmoderner Technologie und Forschung entwickelt wurden.

Aber mal Hand aufs Herz: BAT bemüht sich aktiv, erwachsenen Rauchern schadstoffärmere Alternativen anzubieten. Das ist auf den ersten Blick nichts Verwerfliches – ganz im Gegenteil. Steckt hinter diesen schadstoffärmeren Alternativen nicht die Hoffnung, dass sich möglichst viele Raucher für den Um- statt Ausstieg entscheiden?

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Oliver Engels Wir sagen ganz klar, dass Zigaretten ernsthafte gesundheitliche Risiken mit sich bringen. Die einzige Möglichkeit, diese Risiken zu vermeiden, besteht darin, mit dem Rauchen nicht anzufangen beziehungsweise es aufzugeben. Es geht darum, diejenigen Raucher, die sonst weiterrauchen würden, darin zu bestärken, vollständig auf wissenschaftlich fundierte, risikoreduzierte Alternativen umzusteigen. Auch hier sind wir klar: Diese Produkte machen abhängig und sind nicht risikofrei. Und wenn wir von einem Umstieg auf wissenschaftlich fundierte, risikoreduzierte Alternativen sprechen, dann auf Grundlage von soliden Nachweisen und unter Annahme eines vollständigen Umstiegs vom Zigarettenrauchen. Es ist weithin anerkannt, dass die meisten der mit dem Rauchen herkömmlicher Zigaretten verbundenen Gesundheitsrisiken die Schadstoffe im Rauch sind, die bei der Verbrennung von Tabak entstehen – und nicht das Nikotin. Dennoch: Nikotin ist ein abhängig machender Stoff. Wer kein Risiko eingehen möchte, sollte entsprechend keine Tabak- oder nikotinhaltigen Produkte konsumieren.

Könnte BAT nicht die Ziele ganz einfach erreichen, wenn der Vertrieb der klassischen Zigarette von heute auf morgen ganz eingestellt würde?

Oliver Engels Es wird auch in Zukunft erwachsene Menschen geben, die auf den Genuss von Nikotin nicht verzichten wollen. Damit ihnen der vollständige Wechsel von der risikoreichen klassischen Zigarette auf wissenschaftlich fundierte, risikoreduzierte Alternativen gelingt, benötigen sie Vielfalt. Verbraucherbedürfnisse wandeln sich ständig. Und um diese Bedürfnisse weiterhin zu erfüllen, müssen wir unsere Produkte und die Kategorien, die wir bedienen, ständig weiterentwickeln. Die Wertschöpfung aus unserem Geschäft mit brennbaren Zigaretten stellt die Mittel für unsere Investitionen in die neuen Kategorien bereit und ermöglicht somit die zunehmende Umsatzverschiebung in ihre Richtung. Daher werden klassische Zigaretten noch für viele Jahre ein wichtiger Teil unseres Geschäfts sein.

Die Bandbreite der neuen Produkte, die in den letzten Jahren auf den Markt gekommen sind, hat sich permanent modifiziert. Der Bereich Consumer Electronics war nie relevant im Tabaksektor. Welche Innovationen spielen eine zentrale Rolle?

Oliver Engels Unser Unternehmen gibt es weltweit seit fast 120 Jahren, seit 95 Jahren sind wir in Hamburg tätig. Sie müssen sich vorstellen, für über 100 Jahre war die Tabakpflanze der Ursprung all unseres Wirtschaftens. Und in den letzten zehn Jahren haben wir den Großteil unserer Ressourcen darauf verwendet, uns quasi von einem, etwas vereinfacht gesagt, ­Agrarunternehmen zu einem Unternehmen hin zu transformieren, das technische Geräte wie etwa Dampfprodukte entwickelt. Vor noch nicht einmal zehn Jahren haben wir unser erstes Dampfgerät in Großbritannien eingeführt, und nun sind unsere Marken der neuen Kategorien in über 50 Ländern rund um den Erdball verfügbar. Wir haben bereits viel erreicht und das Tempo unserer Transformation nimmt weiter zu. Wir bauen weltweit neue Kapazitäten in den Bereichen Forschung, Innovation und digitale Information auf, denn Technik und Verbrauchervorlieben wandeln sich schnell.

Veränderung gibt es auch im Bereich der Regulierung Ihrer Produkte. Welchen Einfluss haben die ständig wachsenden Werbeverbote für Ihre Industrie?

Oliver Engels Die Transformation unseres Geschäfts voranzutreiben ist unser wichtigstes Ziel. Es ist ein gesundheitspolitisches: Wir möchten die gesundheitlichen Folgen unseres Geschäfts minimieren. Dazu ist es wichtig, dass Verbraucher umfassend über die Verfügbarkeit von alternativen Produkten informiert werden. Sie müssen wissen, welchen Marken und Produkten sie vertrauen können. Deshalb ist neben der notwendigen Aufklärung auch die Bekanntheit unserer Marken von immenser Bedeutung. E-Zigaretten beispielsweise haben zwar eine breite Bekanntheit, allerdings ist die Mehrheit der Bevölkerung und der Raucher der irrigen Auffassung, sie seien mindestens genauso schädlich wie Tabakzigaretten. Und das vor dem Hintergrund inzwischen mehrjähriger Erkenntnisse wie der des britischen Gesundheitsministeriums, Public Health England, dass Dampfen mindestens 95 Prozent weniger schädlich ist als Rauchen. Wir plädieren insgesamt für einen regulativen Rahmen, der es berücksichtigt, dass es ein Risikokontinuum gibt. Ich bin davon überzeugt, dass ein gesamtgesellschaftlicher Dialog, der alle Interessenvertreter mit einschließt, also Regulierungsbehörden, den Gesetzgeber, Verbraucher und die Industrie, für die Entwicklung wirksamer Gesetze zur schnellstmöglichen Förderung der Risikoreduzierung von Tabakprodukten entscheidend ist.

Die breitere Öffentlichkeit erwartet von Unternehmen, sich aktiver einzubringen, um Lösungen für drängende soziale, wirtschaftliche und Umweltprobleme zu erarbeiten und zu finden. Wie stehen Sie dazu?

Oliver Engels Diesen Anspruch begrüßen wir eindeutig, weil er im Einklang mit unserem Unternehmenszweck und unserer Agenda für Umwelt, Soziales und Unternehmensführung steht. Als Teil unseres Unternehmenszwecks haben wir eine Reihe ehrgeiziger Nachhaltigkeitsziele verkündet. Wir wollen bis 2030 Klimaneutralität innerhalb unserer eigenen operativen Tätigkeit erreichen; über unsere Wertschöpfungskette hinweg bis 2050. Bis 2025 wollen wir unnötigen Einwegkunststoff abschaffen und sämtliche Plastikverpackungen recycelbar machen, um nur ein paar Beispiele zu nennen. Die konzernweite Strategie zur Kreislaufwirtschaft für alle BAT Produktkategorien, also auch das Sortiment der neuen Kategorien, fußt auf drei strategischen Prioritäten: der Vereinfachung des Produktdesigns, um die Wiederverwertbarkeit zu verbessern und die Verwendung von Neumaterialien und Ressourcen zu reduzieren; der Maximierung der Langlebigkeit von Produkten, um ein verbessertes Verbrauchererlebnis zu schaffen; und letztlich der Minimierung von Abfall durch verstärkte Rückgewinnung und Wiederverwertung von Produkten. Jüngst konnte unsere Gruppe verkünden, dass Vuse die weltweit erste globale klimaneutrale Dampfmarke wird. Dass dies alles nicht nur Versprechen sind, beweist unsere Aufnahme in die Dow-Jones-Sustainability-Indizes in 20 aufeinanderfolgenden Jahren. In diesem Jahr wurden wir erneut als einziges Tabakunternehmen in den renommierten World Index aufgenommen und jüngst wurden wir von Refinitiv, einem globalen Anbieter von Finanzmarktdaten und Tochterunternehmen der London Stock Exchange Group, unter die drei besten ESG-bewerteten FTSE-100-Unternehmen gewählt.Besonders stolz bin ich darauf, wie weit unser Einsatz für eine bessere Zukunft geht. Nicht zuletzt widmen wir uns auch mit unserem gesellschaftlichen Engagement verantwortungsbewusst der Zukunft. Mit unserer Stiftung für Zukunftsfragen geben wir positive Impulse, um als Wegweiser und Weichensteller bereits heute auf das Morgen vorzubereiten, um als Gemeinschaft mutig und optimistisch nachhaltige Lösungen für unsere Zukunft zu gestalten.

Das ist ein gutes Stichwort: Stimmt es, dass BAT einen Impfstoff gegen COVID-19 entwickelt? Wie kam es zu dieser Idee und wann kommt der Impfstoff raus?

Oliver Engels Ja, das ist richtig. Die US-amerikanische Biotech-Tochter von BAT, Kentucky BioProcessing (KBP), entwickelt einen potenziellen Impfstoff für COVID-19 und wir durchlaufen derzeit die erste klinischen Phase, das heißt die erste Testphase mit Menschen. Die einzigartige Verwendung der Tabakpflanze, also innovativer und schnell wachsender pflanzlicher Technologien, für den Impfstoffkandidaten ermöglicht eine schnelle Produktion der Wirkstoffe des Impfstoffs in etwa sechs Wochen im Vergleich zu mehreren Monaten bei herkömmlichen Methoden. Der Impfstoff hat außerdem das Potenzial, bei Raumtemperatur stabil zu sein. Aus meiner Sicht ist dies ein wunderbarer Beweis für die Schlagkraft und Innovationsfähigkeit unserer Forschung und Entwicklung. Wir verfolgen hierbei keine Gewinnabsichten, sondern möchten unseren Beitrag dazu leisten, das COVID-Problem, das in dieser Welt besteht, zu managen und unter Kontrolle zu bekommen.

Oliver Engels verantwortet seit einem Jahr als Area Director Central Europe North die Märkte Deutschland, Österreich, Schweiz, Polen, Estland, Lettland und Litauen. Er ist zudem Sprecher der deutschen BAT Gesellschaften. Der 52-Jährige ist ein erfahrener Markenmann, der 2014 von Unilever als Marketingdirektor Deutschland zu BAT kam. 2017 erhielt er die Marketingverantwortung für DACH. 2018 wechselte er in die Konzernzentrale nach London und verantwortete dort das weltweite Zigarettenmarken-Portfolio der Gruppe. Er kennt sich nicht nur im klassischen Zigarettengeschäft aus, sondern legte bereits 2015 mit der Einführung der E-Zigarette Vype in Deutschland die Grundlage für die Entwicklung zu einem Multi-Category-Konsumgüterunternehmen.

British American Tobacco

BAT ist eines der weltweit führenden FTSE-Unternehmen (der Financial Times Stock Exchange Index umfasst die 100 wichtigsten Aktien, die an der London Stock Exchange gehandelt werden). Das Konsumgüterunternehmen bietet Millionen Konsumenten auf der ganzen Welt Tabak und Nikotinprodukte verschiedener Kategorien an. Das Unternehmen beschäftigt mehr als 55.000 Menschen, davon mehr als 1.500 Wissenschaftler, und ist in über 180 Ländern an 11 Millionen Verkaufsorten mit seinen Marken vertreten. Nach 110 Jahren im klassischen Tabakgeschäft führte BAT 2012 seine erste E-Zigarette Vype (inzwischen unbenannt in Vuse) ein. Inzwischen umfasst das Sortiment zudem das ­Tabakerhitzungsprodukt glo sowie Produkte zum oralen Gebrauch.

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