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Katharina Fegebank
Innovation für Hamburg
Bitte skizzieren Sie uns zu Beginn kurz Ihre Motivation für die politische Arbeit.
Katharina Fegebank Ich möchte Dinge zum Guten verändern und gesellschaftliche Probleme lösen. Das ist ein hoher Anspruch. Aber den braucht man, um im politischen Alltag bestehen zu können. Ich möchte, dass meine Töchter und nachfolgende Generationen in einem Land leben, das von Freiheit, einem Leben im Einklang mit der Natur und von Wohlstand geprägt ist. Dafür lohnt es sich, jeden Tag zu arbeiten und Politik zu machen.
Wie sieht der Start in Ihren politischen Alltag aus?
Katharina Fegebank Mit einem ersten Blick früh morgens auf die News und Nachrichtenportale und die Kurznachrichten, die ich mir mit meinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern schicke. Danach starte ich meistens mit externen Terminen oder politischen Abstimmungsrunden in den Vormittag. Jeder Tag ist anders und bringt immer wieder neue Themen, Fragen und Probleme, die gelöst werden wollen. Es ist auch nach einigen Jahren im Amt immer noch sehr abwechslungsreich und aufregend.
Als Zweite Bürgermeisterin und Senatorin für Wissenschaft, Forschung, Gleichstellung und Bezirke in Hamburg haben Sie eine breite Palette von Aufgaben. Welche sind Ihrer Meinung nach die drängendsten Herausforderungen in Ihrem Zuständigkeitsbereich?
Katharina Fegebank Ich sehe aktuell drei ganz große Herausforderungen unserer Zeit. Zum einen die ökologische Herausforderung: Wir brauchen durch Wissenschaft und Forschung gestützte Fakten und nachhaltige Technologien, um den Klimawandel auszubremsen und seine Folgen zu bewältigen. In der Klimaforschung spielt Hamburg schon jetzt eine entscheidende Rolle. Dann die geopolitische Herausforderung: Wir müssen in der Versorgung von Rohstoffen und sicherer Energie umdenken, um geopolitisch wettbewerbsfähig zu bleiben. Wir brauchen Schlüsseltechnologien und wollen unsere Transfernetzwerke ausbauen. Mit einem innovationsfreundlichen Umfeld für junge Start-ups gewinnen wir kluge Köpfe an der Schnittstelle zwischen Wissenschaft und Wirtschaft. Und drittens schließlich die sozialen Herausforderungen: Das betrifft gerade die Gleichstellung. Frauen verdienen noch immer weniger als Männer. Die Gründe dafür – hohe Teilzeitquote, geringer Anteil von Frauen in gutbezahlten Industrieberufen und die vielen Stunden an Sorgearbeit – müssen wir klar erkennen und anpacken.
Hamburg ist dank der Zusammenarbeit von Wissenschaft und Forschung mit der Politik bereits ein wichtiger Innovationsstandort und auf dem besten Weg Innovationshauptstadt zu werden. Wie sehen konkrete Schritte aus, um diesen Status zu erreichen und auszubauen?
Katharina Fegebank Wir wollen das ausbauen, was Hamburg als Wissenschaftsstandort stark macht: Kurze Wege zwischen Wissenschaft und Wirtschaft. Interdisziplinäre Netzwerke. Gründungsmentalität. Innovationskultur in der Stadtgesellschaft. Das unterscheidet uns von anderen Städten. Und für all das steht unser großes Zukunftsprojekt, die Science City Hamburg-Bahrenfeld. In zentraler Lage errichten wir hier momentan einen Zukunftsort, in dem Spitzenforschung mit dem Leben in der Stadt verbunden wird. Ein Ort des Forschens und Lernens über Naturwissenschaften, KI und Digitalisierung, nachhaltige Materialien und Gesundheit. Am 1. Juni übrigens zeigen wir im Rahmen des Science City Day all das, was es schon zu sehen gibt und was im Entstehen ist. Alle sind herzlich eingeladen.
In welchen Bezirken Hamburgs sehen Sie einen kommenden Umschwung oder Aufschwung?
Katharina Fegebank Da gibt es so viele Beispiele. Die Science City Hamburg-Bahrenfeld habe ich gerade genannt. Sie wird einen entscheidenden Beitrag zur Zukunftsfähigkeit und zum Wohlstand Hamburgs leisten. Mit unserem zweiten großen Infrastrukturprojekt in Oberbillwerder wollen wir einen neuen, hochmodernen Gesundheitscampus der HAW Hamburg an zentraler Stelle entwickeln. Aber für Umschwung braucht es nicht allein Technologie und Talente, es braucht auch Toleranz. Und die wird in allen Bezirken Hamburgs gelebt. Die aktuelle Vielfaltskampagne der Bezirke ist dafür auch ein wichtiges Zeichen.
Welche konkreten Maßnahmen werden ergriffen, um die Gleichstellung der Geschlechter weiter zu fördern?
Katharina Fegebank Wir schauen uns sehr genau an, wo wir in der Gleichstellungspolitik nachsteuern müssen. Um die Lohnlücke zu schließen, müssen wir die Vereinbarkeit von Familie und Beruf verbessern. Das gelingt uns durch mehr Kinderbetreuung und einen leichteren Wiedereinstieg in den Job nach Eltern- oder Familienzeit. Und ganz wichtig: Wir müssen die Vernetzung von Frauen fördern, Empowerment stärken und früh Vorbilder schaffen. Gerade in den MINT-Berufen müssen wir mehr Frauen in Führungspositionen bringen. Beim Thema Equal Care haben wir in diesem Jahr schon gezeigt, wie’s geht. Ein großes Festival hat Frauen miteinander vernetzt, Wege in eine faire Verteilung von Sorgearbeit wurden diskutiert. Auch beim Thema Mobilität prüfen wir, wie unterschiedlich sich die Geschlechter in der Stadt bewegen. Darüber haben wir bisher nur sehr wenige Erkenntnisse (Gender Data Gap). Hier wollen wir künftig Maßnahmen entwickeln, die die Mobilität in unserer Stadt für Frauen verbessert. Als Senatorin für Wissenschaft, Forschung und Gleichstellung ist mir natürlich die Förderung von Frauen in der Wissenschaft sehr wichtig: mit der Technischen Universität Hamburg planen wir eine Autumn School für den Weg zur Promotion: Studentinnen im Fach Ingenieur- und Naturwissenschaften sollen sich ermutigt fühlen, nach dem Studium ihren Doktortitel zu machen. Gerade weil wir im Ingenieurwesen ein anhaltendes Ungleichgewicht zwischen Frauen und Männern haben.
Welche Rolle kann die Digitalisierung in Bezug auf die Gleichstellungsthematik spielen?
Katharina Fegebank Eine ganz große Rolle – denn bei der Gestaltung der Digitalisierung wirken noch immer Ausschlussmechanismen und Geschlechterhierarchien. Frauen sind in IT-Studiengängen und IT-Berufen noch immer stark unterrepräsentiert. Die digitale Arbeitswelt ist nach wie vor männlich, und das muss sich ändern. Wir brauchen auch in der Digitalisierung ganz dringend Perspektivenvielfalt – indem Gestaltungsteams auch mit Frauen besetzt werden, Frauen bei Stellenbesetzungsverfahren besser berücksichtigt und die relevanten Gremien paritätisch besetzt werden. Und bei Mädchen und Frauen müssen wir früh das Interesse an IT-Berufen wecken, den Einstieg erleichtern und gleiche Aufstiegschancen ermöglichen. Auch im Hinblick auf neue digitale Technologien, wie zum Beispiel KI müssen wir Gleichstellung und Antidiskriminierung immer mitdenken. Denn wir wissen schon jetzt: KI-Systeme werden überwiegend von Männern entwickelt und das hat Folgen: Die Spracherkennung von Google erkennt zum Beispiel männliche Stimmen viel besser als weibliche, bei KI-gestützten Bewerbungsverfahren kommen Frauen seltener zum Zug – und das sind nur zwei Beispiele. Das unterstreicht noch einmal, wie wichtig diverse Teams sind.
Wie fördern Sie die Integration von digitalen Innovationen in alle Aspekte des städtischen Lebens und der Verwaltung, um Hamburg zu einer führenden Smart City zu machen?
Katharina Fegebank 2020 haben wir eine umfassende Digitalstrategie beschlossen, die alle Lebensbereiche Hamburgs in den Blick nimmt. Denn die digitale Transformation ist eine klassische Querschnittsaufgabe – von Bildung über Mobilität bis hin zu Energieversorgung. Und genauso kommt die Verwaltung mit allen Lebensbereichen der Stadt in Berührung. Zusammen mit den Bezirksämtern haben wir eine neue schlagkräftige Einheit geschaffen, um die Digitalisierung der Bezirksverwaltung weiter voranzutreiben. Und beim Stichwort Digitalisierung ist der Hamburg Service vor Ort schon mit großen Schritten vorangegangen. In diesem Jahr kann zum Beispiel der Wohnsitz von allen digital an-, ab- und umgemeldet werden. Das sind Innovationen, die Hamburg noch lebenswerter machen und wir arbeiten kontinuierlich daran, durch innovative Technologien Prozesse noch einfacher zu gestalten und unsere Dienstleistungen zu verbessern. Das heißt auch, den Einsatz von Künstlicher Intelligenz dort zu erproben, wo er sinnvoll und verantwortbar ist. Außerdem richten wir den Blick auf die Frage, wie wir öffentliche Daten besser nutzen können, um nachhaltigere Entscheidungen für die Zukunft unserer Stadt zu treffen.
Welche langfristigen Ziele haben Sie für Hamburg und wie planen Sie, diese zu erreichen?
Katharina Fegebank Mein Ziel ist es, Hamburg als internationale Wissenschaftsmetropole weiter zu etablieren. Und Hamburg sollte dafür seinen eigenen Weg gehen, die eigenen Stärken nutzen. An anderer Stelle habe ich das mal den „Hamburg Style“ genannt. Die großen Zukunftsfelder wie Quantencomputing, Forschung an Halbleitern, Materialforschung, Infektionsforschung oder das deutschlandweit einzigartige Klimacluster – all das kommt in Hamburg interdisziplinär vernetzt zusammen. Wissenschaft und Wirtschaft profitieren hier an einem Standort mit kurzen Wegen voneinander. Und diese Vernetzung, die müssen wir stärken, um Innovationen zu fördern und um weltweit in der Spitzenklasse mitzuspielen.
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