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Maximilian Wilm
Ice, Ice Baby!

„Ice, Ice Baby!“ ist beim Thema Wein oft das falsche Motto. Es gibt eigentlich kaum Weine, in denen Eiswürfel etwas Sinnvolles bewirken. Na gut, bei den neuen modischen ICE-Champagnern dienen die Eiswürfel dazu, diese süße Plörre überhaupt trinkbar zu machen. Aber grundsätzlich wird die richtige Temperatur bei Weinen oft völlig unterschätzt.

Ice, Ice Baby!
Ice, Ice Baby!

Beim Wein gibt es oft ein Denken in zwei Schubladen: Weißwein muss eiskalt serviert werden. Ich liebe solche Sätze wie: „Ahh, der Weißwein ist gut gekühlt, die Gläser beschlagen ja richtig.“ Wohingegen es beim Thema Rotwein oft heißt: „Der Rotwein muss Zimmertemperatur haben.“

Wirklich? Zimmertemperatur? Diese liegt in Deutschland bei rund 22-24 °C. Bei einem guten Rotwein kommt das Glühweintemperaturen nahe. Diese Zimmertemperatur-Regelung stammt aus einer Zeit, wo die Zimmer in der Regel noch keine Fensterscheiben hatten und wir von einer Temperatur zwischen 15-17 °C ausgehen dürfen. Das wäre die perfekte Serviertemperatur für die meisten Rotweine. Serviertemperatur? Was ist denn das schon wieder? Ich möchte es Ihnen erklären:

Wein mit Eis

Grundsätzlich gibt es beim Wein drei Temperaturen:

1. Lagertemperatur
Hier geht es um die Temperatur, bei der ein Wein gelagert werden soll. Diese Temperatur soll gewährleisten, dass sich der Wein bei der Lagerung gut entwickelt. Bei Rotweinen liegt diese Temperatur bei 14 °C. Ich habe in meinem Restaurant alle Rotweine bei dieser Temperatur gelagert. Meine Weißweine liegen bei ca. 6 °C.

2. Serviertemperatur
Die Serviertemperatur ist die Temperatur, die der Wein beim Servieren am Tisch haben sollte. Diese liegt in der Regel 1-2 °C höher als die Lagertemperatur. Diesen Temperaturanstieg durchläuft der Wein in der Regel sehr zügig, ohne groß nachzuhelfen. Der Wein wird bestellt, aus dem Kühlschrank genommen und zum Tisch gebracht. Die Flasche wird geöffnet und das Ganze Prozedere dauert ein paar Minuten. Somit haben wir ganz flott die richtige Serviertemperatur erreicht.

3. Trinktemperatur
Nach dem Öffnen und gegebenenfalls dem Dekantieren geben wir den Wein ins Glas und wieder nimmt der Wein sehr schnell 1-2 °C an Temperatur zu. Schließlich haben die Gläser und auch die Karaffe Raumtemperatur. Wenn man alles addiert, kommt man also bei einem Rotwein auf gute 17-18 °C und hat somit die perfekte Trinktemperatur. Jetzt stellen Sie sich vor, wir hätten diese Reise bei 18 °C begonnen. Dann schmecken die meisten Rotweine einfach nur sehr alkoholisch und nicht nach den wunderbaren Aromen, welche wir eigentlich riechen und schmecken möchten.

Grundsätzlich kann man sagen: Bei uns in Deutschland werden die meisten Rotweine viel zu warm und die meisten Weißweine viel zu kalt getrunken. Sie fragen sich jetzt bestimmt: „Aber Weißwein muss doch kalt sein, oder?“ Ja sollte er! Aber es gibt kalt und es gibt gekühlt. Ich erläutere Ihnen das an einem Beispiel. Probieren Sie das gerne mal aus!

Wein Nummer eins ist ein frischer Sauvignon Blanc aus Neuseeland. Jahrgang 2017. Frisch, knackige Säure, sehr viel grüne Aromatik. Diesen Wein sollten Sie bei 5-7 °C trinken. Dann spielt er seine Stärken wunderbar aus. Er ist lebendig im Glas, erfrischend und hat eine kühle Stilistik.

Wein Nummer zwei ist ein gehaltvoller Chardonnay aus Kalifornien. Dieser Wein ist am Gaumen rund und geschmeidig, hat eine dezente Säure aber ein volles Bouquet mit Brioche Noten, Banane und Butter-Aromatik. Bei 6 °C würden Sie so gut wie nichts von seiner Aromatik schmecken können. Der Wein wäre nicht in der Lage sein volles Potenzial zeigen zu können. Wohingegen der Wein bei 10-12°C seine ganze Pracht entfalten kann.

Probieren Sie es gerne aus! Sie werden feststellen, es ist ein himmelweiter Unterschied. Grundsätzlich gilt aber natürlich, jeder sollte seinen Wein so trinken, wie er oder sie ihn am liebsten mag. Und wenn es mit Eiswürfeln ist, dann ist es halt so. Aber vielleicht probieren Sie meine Ratschläge mal aus.

Maximilian Wilm
Autor Maximilian Wilm (Foto © Per Kasch / Kinfelts)

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