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Moritz Klatten
Der Boxring unterm Haus
Moritz ist mit einer der reichsten Unternehmerfamilien verwandt und studierte zunächst Architektur in London. Erfolgreich, beste Noten, die Karriere schien klar vorgezeichnet. Doch dann folgte Klatten junior seinem Herzen, warf alles hin und stieg in den Boxring, um sich seinen Weg freizukämpfen. „Der Albtraum aller Eltern“, sagt Moritz heute. Dass diese inzwischen stolz auf ihn sind, versteht sich von selbst.
Architektur und Krafttraining passt auf den ersten Blick nicht so gut zusammen. Was war der Anlass zum spontanen Wechsel?
Moritz Klatten Ich habe mein ganzes Leben immer sehr viel Sport gemacht. An der Uni während meines Architekturstudiums war es so, dass ich zum ersten Mal keine Zeit mehr für Sport hatte. Ich habe dann angefangen, mich schlecht zu fühlen, habe direkt Rückenschmerzen bekommen. Das war der Auslöser für den Umschwung.
Moritz, du kommst aus einer sehr wohlhabenden Unternehmerfamilie. Wie haben sie darauf reagiert, als du deine Karriere als Architekt aufgegeben und stattdessen Boxmanager werden wolltest?
Moritz Klatten Natürlich war das ein großer Schritt. Aber ich habe schon während meines Studiums die Trainerausbildung absolviert. Ich habe es nicht sofort gewagt, zu wechseln, sondern habe diese Ausbildung erst einmal nebenbei gemacht. So haben meine Eltern auch gemerkt, dass es mir ernst war und keine Entscheidung, die ich aus dem Bauch heraus getroffen habe. Nach diesem schwierigen Anfang, bekam ich dann aber die volle Unterstützung meiner Familie.
War es schon immer dein Traum Boxer zu managen? Wie bist du darauf gekommen?
Moritz Klatten Am Anfang war ich nur der Trainer. Das Management der Boxer kam erst im Laufe der Zeit hinzu. Es ist dann so gekommen, dass viele Boxer, mit denen ich in Deutschland trainiert habe, nach Amerika gegangen sind und mich gefragt haben, ob ich sie nicht auch in den USA betreuen wollte. In Amerika habe ich dann immer aber nur einen Boxer zurzeit trainiert. Das Training fand immer morgens und abends statt, so dass ich über den Nachmittag nichts vorhatte. Und so habe ich quasi aus Langeweile angefangen, den Boxern Sponsoren zu besorgen und mit der PR geholfen. So bin ich dann langsam in die Managerrolle reingerutscht und habe dann nach einiger Zeit in Deutschland eine Managementfirma gegründet.
Viele Trainer von Profiboxern haben selbst jahrelang im Ring geboxt und ihre Bewegungsabläufe perfektioniert. Du bist sehr jung – wie kommst du so schnell zu so einer perfekten Performance, dass du dein Wissen auch weitergeben kannst?
Moritz Klatten Ich habe sehr viel Zeit gespart, indem ich mir selbst die besten Trainer weltweit ausgesucht und sehr viel von ihnen gelernt habe. Zuerst wollte ich auch Sportwissenschaft studieren. Aber ich habe während des Studiums gemerkt, wie veraltet alles ist, was man dort lernt. Die Inhalte sind zum Teil 20 Jahre in der Zeit zurück und die unterrichtenden Professoren waren selbst nie erfolgreich.
Du bist ja eigentlich auch selbst prädestiniert, Boxer zu werden: Du hast eine optimale Statur, eine große Reichweite, bist sehr groß und hattest auch selbst die besten Trainer der Welt. Du hättest alle Möglichkeiten gehabt, selbst Profiboxer zu werden.
Moritz Klatten Ich habe jahrelang geboxt. Aber ich habe sehr spät angefangen – erst mit 21 Jahren. Ich war gut genug und wurde auch oft darauf angesprochen, selbst Profiboxer zu werden. Aber Boxen ist eine Sportart, in der man auf Profiniveau nur starten sollte, wenn man weiß, man kann ganz oben angreifen und hat die Chance, Weltmeister zu werden. Im Fußball hätte ich es vielleicht verfolgt und ausprobiert, aber im Boxsport lohnt es sich nicht, da das Risiko einfach zu groß ist. Man reist durch die Weltgeschichte, bekommt am Ende vielleicht 1.500 € Kampfbörse dafür, dass man möglicherweise Hirnblutungen hat. Danach sind dann die medizinischen Nachuntersuchungen teurer als die Kampfbörse, die man bekommt.
Aus Profisicht ist das eine richtige Herangehensweise, aber es gibt ja dennoch genügend Performer, die lange boxen und den Sport aus Fitnessgründen machen. Dann stehen sie mal im Ring, nehmen vielleicht auch an einem Showkampf teil und auf einmal rutschen sie in die Amateurliga rein. Wie ein Profiboxer gefährden sie natürlich auch, ihre Gesundheit, aber nehmen dieses Risiko wohlwissend in Kauf. Was rätst du diesen Leuten?
Moritz Klatten Man muss erst einmal sagen, dass das Risiko im Freizeitbereich deutlich geringer ist als bei einem Profiboxer. Wenn diese Leute regelmäßig trainieren und mal einen Kampf mitmachen, ist das Risiko nicht vergleichbar. Man muss klar sagen, dass dieses zwei verschiedene Welten sind. Während es bei den Profis darum geht, den Gegner auszuknocken und zu verletzen, geht es bei den Amateuren nur darum, durch Treffer zu punkten. Daher ist das Verletzungsrisiko der Profis sehr viel größer. Man könnte sich natürlich fragen, warum man nicht immer über Punkte wertet und das Verletzungsrisiko somit geringer ist. Aber es ist einfach so, dass es für die Zuschauer attraktiver ist, wenn sie diese Knockouts sehen.
Wann hast du selbst mit dem Boxtraining angefangen und stehst du auch jetzt noch im Ring?
Moritz Klatten Ich stehe natürlich selbst regelmäßig im Ring, wenn ich Pratzen halte und meine Kunden trainiere. Und ich selbst boxe ein- bis zweimal die Woche zum Ausgleich zu meinem normalen Krafttraining. Allerdings habe ich in den letzten Jahren kein Sparring gemacht.
Hast du ein bestimmtes Vorbild?
Moritz Klatten Ich habe Vorbilder aus verschiedensten Bereichen. Mein Hauptmentor ist kürzlich verstorben – das war Charles Poliquin. Von ihm habe ich das meiste gelernt, das ich heute im Training anwende. Er ist der Krafttrainings- und Ernährungsguru weltweit. Und was das Boxen betrifft, habe ich von sehr vielen sehr erfolgreichen Trainern gelernt, unter anderem zum Beispiel von Ismael Salas und Freddie Roach.
Drei Olympiasieger, vier Amateur-Weltmeister und fünf Weltmeister – bei dir in der Garage ist ja ganz schön was los. Warum genau in deiner privaten Garage und nicht woanders?
Moritz Klatten Zum Boxen könnte man natürlich noch mehr Platz und einen zweiten Ring haben. Nichtsdestotrotz haben wir hier alles was man braucht, um auf dem höchsten Level zu trainieren. Und gerade was das Fitnessequipment angeht, gibt es meiner Meinung nach in Hamburg kein besseres Gym. Unser Equipment ist darauf spezialisiert, Hochleistungssportler zu trainieren. Aktuell trainiere ich sowohl Sportler aus dem Fußball, wie auch aus dem Boxsport.
Bei dir gehen ja nicht nur Spitzensportler ein und aus. Es gibt auch Leute, die nur ihre Fitness verbessern möchten. Wie finden die Leute zu dir? Und wie läuft dein Training ab?
Moritz Klatten Sowohl bei Managern als auch bei Sportlern läuft alles über Mund-zu-Mund-Propaganda. Bei uns gibt es kein Gruppentraining. Es ist unsere Philosophie, die Leute individuell zu trainieren, da man so am meisten erreichen kann. Eine Trainingseinheit hat bei uns 60 Minuten – das ist die optimale Trainingsdauer. Neben dem Boxen kann man bei uns auch den kompletten Fitnessbereich abdecken, wir bieten auch Reha nach Verletzungen, Ernährungsberatung und Krafttraining an.
Der erste Termin ist zum Kennenlernen da und um klare Ziele zu definieren. Man schaut, was der Kunde eventuell für Verletzungen hatte und fängt erst dann mit einem kompletten Bodycheck und einer Anamnese an. Danach wird ein individuelles Programm geschrieben, um die Ziele so schnell und effektiv wie möglich zu erreichen.
Wer ist der wichtigste Mensch in deinem Leben?
Moritz Klatten Das sind meine Freundin und mein Vater. Meine Mutter ist leider kürzlich verstorben.
Was sind deine Pläne und Wünsche für die Zukunft? Gibt es etwas anderes, was du gerne noch einmal wagen würdest, wenn du den Mut dazu hättest?
Moritz Klatten Ich werde auf jeden Fall noch ein weiteres Buch herausbringen, welches auch schon in der Planung ist. In der Zwischenzeit, seit der Veröffentlichung meines ersten Buches, habe ich viele Artikel über verschiedene Themen geschrieben, aber langfristig wäre das Ziel natürlich, weitere Bücher zu schreiben. Ansonsten wird es sicherlich noch ein weiteres Gym an einem anderen Standort geben. Außerdem würde ich gerne das Box-Management ausbauen. Leider ist das Problem, dass der Boxsport auf dem absteigenden Ast ist. Die goldenen Zeiten sind vorbei, seitdem sich die öffentlich-rechtlichen Sender vom Boxsport getrennt haben. Unabhängig davon, dass man dort weniger Geld verdient, bin ich mit viel Leidenschaft dabei und möchte daran weiterarbeiten. Erstaunlich ist, dass das Boxen im Freizeit und Fitnessbereich sehr viel beliebter geworden ist. Die Begeisterung ist bei den Frauen sogar noch größer als bei den Männern. Boxen ist aktuell sehr im Trend.
Online champperformance.de
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